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Gegen Vergesslichkeit ist ein Kraut gewachsen

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Gegen Vergesslichkeit ist ein Kraut gewachsen
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Hirndoping geht auch ohne Medikamente. (Foto: julos/Thinkstock)
Das kennen viele: Sie haben mal wieder einen wichtigen Termin im Familienkalender übersehen. Oder sie gehen ins Zimmer nebenan – und wissen plötzlich nicht mehr, warum. Oder sie suchen verzweifelt den Hausschlüssel. Falls auch Sie zu solchen Schusseligkeiten neigen: Möglicherweise hängt das damit zusammen, dass Ihr Gen DRD2 an einer Stelle statt des Bausteins Cytosin das verwandte Thymin enthält. Das jedenfalls legen Ergebnisse von Psychologen der Universität Bonn aus dem Jahr 2014 nahe.

Sebastian Markett, einer der daran beteiligten Forscher, möchte dieses Resultat aber nicht dahingehend interpretiert wissen, dass Schusseligkeit im Erbgut verankert sei und nicht in der eigenen Verantwortung liege. Denn, so Markett: „Gegen Vergesslichkeit lässt sich etwas tun. Man kann sich Merkzettel schreiben oder sich anstrengen, den Haustürschlüssel nicht irgendwo, sondern an einem bestimmten Platz aufzubewahren.“ Wer sich solche Strategien für die unterschiedlichen Lebenslagen zurechtlegt, sagt Markett, kann besser mit seiner Vergesslichkeit umgehen.

Tatsächlich gibt es zahlreiche Möglichkeiten, die eigene Gedächtnisleistung zu verbessern – Pillen, Magnet- oder Strompulse sind dafür nicht nötig. Eine davon ist weithin bekannt: der Einsatz von Eselsbrücken. „Schütte Wasser zur Säure und es passiert das Ungeheure.“ Die dauernde Präsenz dieses Merksatzes im Hirn des Autors hat einst in seinem Alltag im chemischen Labor manchen Unfall verhindert. Richtig ist es umgekehrt: Man muss die Säure ins Wasser geben, damit es nicht gefährlich spritzt.

Die Eselsbrücke für Elefanten

Nicht alle Eselsbrücken sind gereimte Merksätze. Wer etwa den Unterschied zwischen afrikanischen und indischen Elefanten im Gedächtnis behalten möchte, kann vor seinem geistigen Auge den großen Kontinent Afrika und das kleinere Indien an sich vorbeiziehen lassen – und erinnert sich dann, dass afrikanische Elefanten afrikaähnliche große Ohren und indische Elefanten kleinere Ohren haben.

Die Fähigkeit des Gehirns, bildliche Vorstellungen miteinander zu verknüpfen, ist die Grundlage der meisten Mnemotechniken (von griechisch „mneme“, Gedächtnis). Ein einfaches Beispiel dafür ist das Zahl-Form-System: Es ordnet jeder Ziffer von Null bis Neun ein Symbol zu, das eine ähnliche Form besitzt. Bei einer Null wäre das beispielsweise ein Autoreifen, bei einer Eins eine Kerze, bei einer Zwei eine Ente, die Drei wird zu einem Herz ergänzt, bei der Vier wäre das Symbol ein Segel und so weiter. Kennt man seine Zahl-Form-Kombinationen auswendig, so kann man sich etwa Telefonnummern leicht einprägen, indem man sich zu jeder davon eine kleine Geschichte ausdenkt, in der die Symbole in der richtigen Reihenfolge vorkommen. Je einmaliger und absurder die Geschichten, umso besser erinnert man sich später an sie. Beispiel: Ein verliebter Segler stößt mit einer Ente zusammen – 342.

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Ein Raum zum Erinnern

Einfach und effizient ist auch die Loci-Technik (Plural von lateinisch „locus“, Ort), die insbesondere hilft, sich Abfolgen schwieriger Sachverhalte zu merken. Der Trick ist, sich den Weg durch einen Raum vorzustellen, etwa durch das eigene Wohnzimmer oder durch ein Bürogebäude. An verschiedenen markanten Punkten legt man dabei die Informationen ab, die man sich ­merken möchte – und stellt sich das bildlich vor. Um die gespeicherten Informationen wieder abzurufen, spaziert man in Gedanken durch den wohlbekannten Raum. Verblüffend ist, dass einem dabei die abgelegten Informationen automatisch wieder in den Sinn kommen. Der Raum, den man sich in Gedanken vorstellt, ist zum Informationsspeicherplatz geworden, der sich immer wieder neu verwenden lässt.

Das Erinnerungsvermögen macht nur einen – wenn auch wichtigen – Teil der Geisteskraft aus, die Hirndoping-Mittel verbessern sollen. Auch „zur Steigerung der kognitiven Leistungsfähigkeit sowie des emotionalen und sozialen Wohlbefindens“ gibt es „kurzfristig anwendbare Alternativen“, schrieb 2011 die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS). Auf der „Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse aus Psychologie, Medizin und Sportwissenschaft“ spricht die DHS ­unter anderem folgende Empfehlungen aus:

  • Ausreichend Schlaf steigert die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit. Auch kurze Schlafphasen (Power-Napping) von etwa zehn Minuten regenerieren das Denkvermögen.
  • Ein gutes Zeitmanagement hilft in Phasen großer privater und beruflicher Belastung, Prioritäten zu setzen.
  • Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst und Gemüse sowie Seefisch und Walnüssen trägt zum Erhalt der kognitiven Leistungsfähigkeit bei.
  • Regelmäßige kurze Pausen während intensiver Arbeitsphasen fördern die Aufnahmefähigkeit.

Zwei weitere Tipps, die Experten häufig aussprechen:

  • Sport treiben.
  • Soziale Kontakte pflegen. Denn ein angeregtes Leben – Treffen mit Freunden oder Kollegen, Ausflüge mit der Familie und sogar ein Streit mit dem Partner – beansprucht nahezu alle Hirn­areale und trainiert unser Denkorgan.

Solche Ratschläge klingen simpel und sind nicht so spannend wie die Vorstellung, seine geistigen Fähigkeiten auf Knopfdruck ins Übermenschliche zu steigern. Doch sie helfen, die erstaunlichen Fähigkeiten unseres Gehirns auszuschöpfen und nicht den zweiten Schritt – die künstliche Leistungssteigerung – vor dem ersten zu tun.

© wissenschaft.de – Frank Frick
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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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