Was war vor dem Urknall? Diese Frage galt bis vor Kurzem als sinnlos, denn Zeit und Raum entstanden ja gerade erst vor 13,7 Milliarden Jahren in einer mysteriösen Anfangssingularität. Trotzdem versuchen Kosmologen heute, über den Urknall „ hinauszurechnen“. Brian Clegg, so denkt man angesichts des Buchtitels, schwimmt auch auf dieser Welle. Tatsächlich aber präsentiert der britische Wissenschaftsjournalist nur im letzten Drittel die Idee eines zyklischen Universums, wonach das All immer wieder auf die Welt kommt, eine Zeitlang besteht und dann wieder vergeht. Außerdem muss Clegg zugeben, dass sich die Frage nach dem „Davor“ wohl nie eindeutig beantworten lassen wird.
Thema verfehlt? Ja – aber zum Glück! Clegg liefert eine leicht zu lesende Geschichte der Kosmologie, statt in allen möglichen absurden Theorien herumzukramen – von denen die meisten nicht einmal annähernd das Kriterium der Falsifizierbarkeit erfüllen, das ein gutes wissenschaftliches Modell auszeichnet. Er berichtet über das Ringen des Menschen, seinen Platz in der Welt zu verstehen, und beleuchtet die Schöpfungsmythen der alten Kulturen. Die Steady-State-Theorie fehlt ebenso wenig wie die Inflation, die Brian Clegg unter der ironischen Überschrift „Die aufgeblasene Wahrheit“ abhandelt. Dunkle Energie, Dunkle Materie und die allgegenwärtigen Strings – Clegg setzt sich auch mit diesen Zutaten der modernen Kosmologie souverän auseinander. Helmut Hornung
Brian Clegg VOR DEM URKNALL Rowohlt Reinbek 2012, 352 S., € 19,95 ISBN 978–3–498–00939–7 E-Book für 16,99 ISBN 978–3–644–0 1601–9