Emissionen, vor allem aus der Kohleverbrennung, haben die Menge an Quecksilber in den Ozeanen seit Beginn der Industrialisierung um das Zwei- bis Vierfache ansteigen lassen. Das Schwermetall macht Meereslebewesen in seiner giftigsten Form zu schaffen: Als sogenanntes Methylquecksilber wird es leicht aufgenommen und reichert sich im Körper der Organismen zunehmend an. Bei der sogenannten Biomagnifikation konzentriert es sich mit jedem weiteren Glied der Nahrungskette immer mehr auf. In den Körpern der Top-Räuber kann die Quecksilberkonzentrationen schließlich ein- bis zehnmillionenfach höher liegen als im Meerwasser.
Ins Meer „abgehäutetes“ Quecksilber
„Viele Studien haben sich bereits mit der Biomagnifikation in der Nahrungskette beschäftigt – wir wollten nun noch einen Schritt weiter gehen, um zu sehen, was als nächstes passiert. Denn das Element Quecksilber kann nicht abgebaut werden oder völlig verschwinden“, sagt Jennifer Cossaboon von der University of California in Santa Cruz. Den Anstoß zur Studie gaben frühere Untersuchungsergebnisse, nach denen Quecksiberkonzentrationen in Muscheln aus der Nähe von Robben-Kolonien erhöht sind. Die Forscher untersuchten nun gezielt den jahreszeitlichen Verlauf der Gehalte im Meerwasser an der kalifornischen Küste im Bereich des Año Nuevo Schutzgebiets. Hier lebt eine große See-Elfeantenpopulation.
Den Ergebnissen zufolge ist im Vergleich zu anderen Küstengebieten die Konzentration von Methylquecksilber im Meerwasser vor Año Nuevo phasenweise deutlich erhöht und zwar in Abhängigkeit von bestimmten Prozessen bei den See-Elefanten: Wenn die Tiere sich fortpflanzen, steigt die Konzentration um das Zweifache – das ist allerdings nichts im Vergleich zur Häutungszeit der Meeressäuger: In dieser Phase gab es im Wasser 17-mal mehr Quecksilber als im Bereich von Vergleichs-Küsten, wo kaum Meeressäuger leben. Während dieser Zeit erneuern die größten Robben der Welt Haut und Haar komplett und geben diese alte Hülle an die Umwelt ab, erklären die Forscher. Sie konnten durch Untersuchungen nachweisen, dass die Quecksilbergehalte in diesen Haut- und Haarresten enorm hoch sind. „Dieser erneute Eintrag in die Küstenumwelt macht das Problem schlimmer“, sagt Co-Autor Russell Flegal.
Ein Symbol für die Bedrohung durch Quecksilber
Frühere Untersuchungen der University of California hatten bereits gezeigt, dass die Quecksilberbelastung von See-Elefanten zu den höchsten gehört, die jemals bei Meeresraubtieren gemessen wurden. Dieser Studie zufolge besaßen so gut wie alle untersuchten Tiere Blut-Quecksilberwerte, die den Schwellenwert überschritten, bei dem es zu Nervenschäden beim Menschen kommt. „Wir wissen allerdings nicht, was diese Konzentrationen für See-Elefanten bedeuten“, räumt Sarah Peterson, die Erstautorin dieser Untersuchung ein.
Beim Menschen gilt Methylquecksilber vor allem in frühen Entwicklungsphasen als besonders gefährlich: Schwangere und Stillende sollten offiziellen Empfehlungen zufolge deshalb bestimmte fettreiche und räuberische Meeresfische mit höheren Gehalten an Quecksilber meiden. Trotz internationaler Bemühungen zur Reduktion der Quecksilberbelastung im Meer, ist auch in den nächsten Jahrzehnten noch mit einem weiteren Anstieg der Konzentrationen zu rechnen, sagen Experten.