Bei „Henge” haben viele sofort ein Bild von Stonehenge im Kopf. Doch das Monument auf der Ebene von Salisbury ist in vielerlei Hinsicht ein untypischer Vertreter seiner Art. Ein Henge ist in erster Linie eine rituelle Anlage der Jungsteinzeit oder frühen Bronzezeit, die aus einem inneren Graben und einem äußeren Wall besteht. Schon da weicht Stonehenge vom Schema ab: Der Wall ist innen, der Graben außen. Die Steine von Stonehenge sind sowieso nur eine „Zugabe” – denn ein Henge ist in der Regel ohne Steinkreis gebaut. Viele Henge-Anlagen waren aus Holz konstruiert oder hatten gar keinen Aufbau. Die Idee mit den großen Steinen kam Menschen im Neolithikum (fast) überall dort, wo es Steine gab – nicht nur in Südengland, auch in Pakistan oder Hongkong.
Längst nicht alle britischen Henge-Anlagen sind so ausgerichtet wie Stonehenge. Manche hatten nur einen Eingang (Class I), andere zwei Eingänge (Class II) oder vier (Class III). Warum die Menschen im Neolithikum Henge-Anlagen errichteten, ist nicht bekannt. Einige dienten als Grab – allerdings sind einige Gräber älter als die zugehörige Henge-Anlage –, in anderen Fällen fanden Bestattungen erst statt, nachdem die Anlage schon lange Zeit bestand. Und in manchen der sehr großen sogenannten Superhenges bauten die Menschen sogar Häuser, wie in Durrington Walls drei Kilometer nordöstlich von Stonehenge.
Klassische Henge-Anlagen kommen nur in Großbritannien vor. Allerdings gibt es Beispiele für ähnliche ringförmige Bauten auf dem Festland, etwa die Kreisgrabenanlage von Goseck in Sachsen-Anhalt. Während Henges überwiegend in Niederungen errichtet wurden, stehen Kreisgrabenanlagen oft auf Hügeln.