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Eine Nase für Krebs

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Eine Nase für Krebs
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Weder Nikotin noch Medikamente stören die sensible Hundenase. (Foto: BIMLA1/Thinkstock)
Mediziner suchen nach einer einfachen Methode, um Lungenkrebs frühzeitig aufzuspüren – denn wenn ein Patient Symptome bemerkt, ist es meist zu spät: Fünf Jahre nach der Diagnose leben nur noch fünf Prozent. Rechtzeitig erkannt steigen die Überlebenschancen dagegen erheblich, wenn man operieren kann und sich noch keine Metastasen gebildet haben. Doch bislang gibt es keine verlässlichen Vorsorgetests, und millimetergroße Tumore im Anfangsstadium sind auf Röntgenbildern oft nicht zu erkennen.

Große Hoffnungen weckte daher der Test einer „elektronischen Nase“ für die Krebserkennung, die ein Forscherteam um Serpil Erzurum von der US-amerikanischen Cleveland Klinik 2005 testete. Diese „Cyranose“ analysierte mithilfe von Biosensoren die ­Zusammensetzung des Atems von Lungenkrebspatienten und gesunden Probanden – und schien dabei deutliche Unterschiede festzustellen (bild der wissenschaft 7/2005, „Früh­diagnose durch Schnüffeln“).

Doch das Problem ist: „Ein Atemzug enthält etwa 3500 verschiedene Moleküle“, erklärt Thorsten Walles vom Universitätsklinikum Würzburg. Welche dieser Moleküle verlässliche „Biomarker“ für Lungenkrebs sind, kann weder die Cyranose noch eine andere elektronische Nase feststellen. Und sie alle lassen sich leicht verwirren. Viele Lungenkrebspatienten sind Raucher – und manchmal erschnüffeln die elektronischen Nasen nur die Rückstände vergangener Zigaretten und nicht den Lungenkrebs. „Es ist wie die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen“, sagt Thorsten Walles.

Ein Hund: Der feine Unterschied

Dann brachte eine Doktorandin den Mediziner auf eine neue Fährte. Sie hatte in Fachartikeln gelesen, dass Hunde in der Lage wären, diese feinen Unterschiede zu erschnüffeln. Walles konnte das nicht glauben. Er initiierte eine Studie, um das angebliche Diagnose-Talent der Hunde zu widerlegen. Aber er wurde ­eines Besseren belehrt. Vier speziell trainierte Hunde zeigten, dass sie Krebspatienten tatsächlich am Atem erkennen können. Die Tiere schnüffelten an insgesamt 200 beatmeten, mit Filz ausgelegten Glasröhrchen, darunter waren 60 Proben von Lungenkrebs­patienten. Wenn sich die Hunde dann hinlegten und das Röhrchen mit der Schnauze berührten, lautete die Diagnose: Lungenkrebs.

Das erstaunliche Ergebnis: Die Hunde erkannten 71 Prozent der kranken sowie 93 Prozent der gesunden Probanden. Und im Gegensatz zu elektronischen Nasen ließen sich die Vierbeiner von olfaktorischen Ablenkungen nicht stören. „Nikotin spielte keine Rolle. Und es war auch egal, welche Medikamente die Probanden nahmen und welche Essgewohnheiten sie hatten“, sagt Walles. „Ich bin vom Saulus zum Paulus geworden.“

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Schnüffelhunde im Krankenhaus

Allerdings ist es eine absonderliche Vorstellung, dass sich Krankenhäuser oder Diagnosezentren extra Schnüffelhunde halten. Derzeit arbeitet der Mediziner in einem Projekt zusammen mit Berliner Partnern der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), der Tierklinik für Fortpflanzung der Freien Universität Berlin, der Evangelischen Lungenklinik und der Charité. In dieser Studie wird die Atemluft von Patienten sowohl mit chemischen Analyseverfahren als auch mithilfe von trainierten Spürhunden untersucht. Die Hoffnung ist, über den direkten Vergleich doch noch dem charakteristischen Biomarker des Lungenkrebses auf die Spur zu kommen. Wir werden berichten, wie es weitergeht.

© wissenschaft.de – Franziska Konitzer
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