Gewaltiger Pomp und düstere Despoten – die Geschichte des Alten Ägypten ist für den britischen Historiker Toby Wilkinson ein Bericht über 3000 Jahre Unterdrückung. Das ist viel Stoff, den auch 832 Buchseiten kaum fassen können. Wilkinson konzentriert sich deshalb auf Staatsangelegenheiten und erzählt von den Winkel- und Heerzügen der Pharaonen, angefangen bei den prädynastischen Kleinreichen bis zum Selbstmord der Kleopatra, was dem Reich am Nil den Todesstoß versetzte.
Wenn sich Pracht und Schicksal der 18. Dynastie vor dem Leser entfalten, hat das Buch seine besten Momente. Im letzten Viertel geht das Konzept allerdings vor dem Material in die Knie: Das Karussell der pharaonischen Politik drehte sich ab der 22. Dynastie mit der Kraft einer Zentrifuge. Das ist für den Leser so verwirrend, wie es auch für die Ägypter selbst gewesen sein muss. Wilkinson bremst diesen Wirbel, indem er Meilensteine der Kulturgeschichte einbaut: Während die Könige mit der Macht spielen, erfindet das Volk der Ägypter den Geheimdienst, den Zahnersatz und das Jüngste Gericht. Nebenbei lernt der Leser, Mumifizierungstechniken zu unterscheiden, blickt hinter die Türen von Kinderhorten und begleitet den ersten Streik der Geschichte. Eine angenehme Lektüre: Wilkinson vermittelt seine persönliche Sicht auf die ägyptische Vergangenheit so erholsam und erhellend wie auf einer Nilkreuzfahrt. Dirk Husemann
Toby Wilkinson AUFSTIEG UND FALL DES ALTEN ÄGYPTEN DVA, München 2012 832 S. mit vielen Abb., € 29,99 ISBN 978–3–421–04346– 7