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Skurrile Biologie: Parasitäre Mikro-Quallen

Erde|Umwelt

Skurrile Biologie: Parasitäre Mikro-Quallen
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Links Myxozoa-Sporen der Art Kudoa iwatai, rechts eine etwa 2500 mal größer Ohrenqualle. (Foto: Links: A. Diamant. Rechts: P. Cartwright)
Was sind das nur für seltsame Wesen, die da im Innern von Tieren hausen? Genetische Analysen haben die seltsamen Myxozoa nun eindeutig als extrem vereinfachte quallenartige Wesen identifiziert. Die Feststellung, dass es sich bei den nur wenige Zellen umfassenden Parasiten um winzige Nesseltiere handelt, erweitert den Forschern zufolge die Definition, was man als Tier bezeichnet.

Winzlinge, die eine ganze Reihe von Tierarten plagen: „Bei den Myxozoa handelt es sich um eine sehr artenreiche Gruppe von Parasiten, von denen einige gut untersucht sind, weil sie an Fischen in Aquakultur Schäden von großer wirtschaftlicher Bedeutung anrichten“, sagt Paulyn Cartwright von der University of Kansas in Lawrence: „Sie können beispielsweise neurologische Probleme verursachen, so dass Lachse im Kreis schwimmen“. Um herauszufinden, um was für Wesen es sich bei den Parasiten eigentlich handelt, haben Cartwright und ihre Kollegen die Myxozoa nun unter die genetische Lupe genommen. „Die biologischen Merkmale dieser Wesen waren zwar bekannt, nicht aber ihre evolutionären Ursprünge“, erklärt Cartwright.

Erbgut verweist auf seltsame Verwandtschaft

Bisher deutete bereits ein anatomisches Merkmal darauf hin, dass es sich bei den Myxozoa um Nesseltiere handeln könnte: „Sie haben zwar keinen Mund oder Verdauungstrakt, denn sie bestehen ja nur aus ein paar Zellen, sie besitzen aber eine komplexe Struktur, die den Nesselzellen der Nesseltiere ähnelt – die Tentakel von Quallen sind beispielsweise voll besetzt mit diesen winzigen Feuerwaffen“, sagt Cartwright. Es ist bekannt, dass die Myxozoa mit dieser Struktur in ihre Wirtstiere eindringen. Die genetischen Analysen und Vergleiche mit dem Erbgut anderer Organismen belegen nun: Die Myxozoa stehen tatsächlich den Quallen nahe. „Weil sie so bizarr sind, ist es schwierig sich vorzustellen, dass sie sich einst aus quallenartigen Wesen entwickelt haben“, sagt Cartwright.

Den Forschern zufolge weisen die Myxozoa somit eine extreme Form von Minimalisierung eines Körperbauplans auf. Das spiegelt sich auch im Genom dieser skurrilen Wesen wider, zeigten die genetischen Untersuchungen. Denn auch das Erbgut der Myxozoa ist extrem verschlankt: „Es ist 20 bis 40-mal kleiner als durchschnittliche Quallen-Genome“, berichtet Cartwright. „Es ist eines der kleinsten Genome, die wir nun aus dem Tierreich kennen.“

Am Rande der Definition „Tier“

Den Forschern zufolge könnte die Tatsache, dass die Myxozoa zu den Nesseltieren gehören, nun das Verständnis von der Definition Tier erweitern: „Myxozoa sind auf jeden Fall Tiere, weil sie einen evolutionären Ursprung mit den Quallen teilen und man auch die Herkunft eines Wesens dazu benutzt, es zu definieren. Andererseits sind Tiere aber als  makroskopische, vielzellige Organismen definiert und das ist bei den Myxozoa ja nicht der Fall. Sie verändern also, was wir als Tier bezeichnen“, so Cartwright.

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Auf  den ersten Blick scheint es sich bei der Transformation von einem Meerestier zu einem mikroskopischen Parasiten um eine ungewöhnliche Evolutionsgeschichte zu handeln. Doch Cartwright zufolge könnte es sich auch um eine Strategie der Natur handeln, die weitverbreiteter ist als man annehmen könnte. Diesem Forschungsthema wollen sie und ihre Kollegen sich nun weiter widmen. „Es ist zumindest einmal in der Evolution passiert – warum sollte es nicht öfter vorgekommen sein“, so die Forscherin.

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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