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Heilige und Bigotte

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Heilige und Bigotte

Es wäre besser gewesen, Sie hätten zu diesem Thema geschwiegen. Bei Frau Schavans Plagiaten geht es nicht um Forschungspolitik, sondern um ihre ganz persönliche, aber nicht ganz harmlose Schummelei.

Wenn ich beim Falschparken erwischt werde, zahle ich meine Strafe. Es käme mir nicht in den Sinn, die Polizisten oder Politessen zu bitten, mich im Sinne christlicher Nächstenliebe (Gott vergibt) zu verschonen. Besonders peinlich wäre es, wenn ich versuchen würde, mich mit dem Hinweis auf meine Verdienste an der Menschheit (zum Beispiel mit meinem Blutspenderausweis) der Strafe zu entziehen. Noch übler aber, Herr Hess, ist der Vergleich der Aufdeckung und Ahndung von Plagiaten mit der früheren ungerechten Behandlung von Schwulen und Drogenabhängigen.

Im Fall von zu Guttenberg hat Frau Schavan nicht gerade im Sinne christlicher Nächstenliebe gehandelt. Sie wäre somit – um im Jargon Ihres Artikels zu bleiben – in die Kategorie der Djangos einzuordnen. Aber auf die Idee, diejenigen, die Plagiate aufdecken oder anprangern, mit mordenden Kopfjägern und Rächern zu vergleichen, kam noch nicht einmal die Boulevardpresse. Im Fall zu Guttenberg hat Frau Schavan selbst die moralische Messlatte sehr hoch gelegt (sie schämte sich nicht nur heimlich für den „Missetäter“). Auf welcher Seite liegt denn nun die Bigotterie?

Ich denke, Frau Schavan, die von Ihnen als die große Weichenstellerin im Dienst der Wissenschaft hochstilisiert wird, hat sich selbst die Weiche aufs Abstellgleis gestellt. Der Versuch, die Plagiate als lässliche Sünde darzustellen, ist nicht angebracht. Jedem weniger Prominenten wird in diesem Fall der Titel ohne Aufhebens aberkannt. Die Sonderbehandlung einer ehemaligen Ministerin wäre ein wirklicher Skandal.

Werner Bessei, Neuhausen

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Stellen Sie sich vor: Sie sind Studentin und 25 Jahre alt, haben ihr Examen bestanden und sprechen einen Professor Ihrer Wahl an, ob er ein Thema für Ihre Diplom- oder Doktorarbeit hat. Der Professor gibt Ihnen ein Thema und Sie machen sich an die Arbeit. Üblicherweise werden Sie von ihm betreut, indem er sich ab und zu über den Stand Ihrer Arbeit informiert. Schließlich übergeben Sie ihm Ihre Arbeit.

Der Diplom- oder Doktorvater befindet nun, ob Ihre Arbeit den Erwartungen und Ansprüchen genügt und seine Zustimmung und Anerkennung findet. Eventuell werden Sie angehalten, Ihre Arbeit noch vor einem wissenschaftlichen Gremium der Universität zu verteidigen. Gibt es keine Einwände mehr, steht der Ausfertigung der Diplom- oder Promotionsurkunde nichts im Wege.

Stellen Sie sich vor: Nach 32 Jahren stellt ein Denunziant fest, dass Ihre Arbeit ein Plagiat ist. Wie ist das möglich? Das von Ihrem Professor gewählte Thema Ihrer Arbeit kann doch nicht schon früher von einem anderen Kandidaten bearbeitet worden sein, sodass letztlich nur formale Mängel in Ihrer Arbeit zu beanstanden wären.

Diese sind Ihrem Betreuer allerdings nicht aufgefallen. Er kann aber nicht mehr befragt werden, er ist schon eine Weile tot. Machen wir jetzt die ehemaligen Jugendlichen für die Eltern verantwortlich? Es muss auch hier eine Verjährungsfrist geben!

Dipl.-Chem. Peter Gärtner, Dresden

Einer Politikerin, die bereits vor ihrer Karriere zu solchen Mitteln greift, muss das Vertrauen entzogen werden. Ein makelloser Lebenswandel hat damit nicht das Geringste zu tun. Die Lebensleistung mag als mildernder Umstand gelten, ändert aber nichts an dem zugrunde liegenden Fehlverhalten.

Ich möchte hier noch anmerken, dass ich lediglich über einen Realschul- und Ausbildungsabschluss als Industriekaufmann verfüge, beides aber aufgrund eigener Leistung erworben habe.

Harald Zubrod, per E-Mail

Wenn ich nicht den offensichtlichen Scherzbeitrag auf Seite 13 entdeckt hätte, würde ich das Editorial von Chefredakteur Wolfgang Hess für den Aprilscherz gehalten haben – obwohl das Thema dafür viel zu ernst ist.

Bei den Plagiatsaffären geht es nicht darum, Leute wegen harmloser Fehltritte ihrer Jugend an den Pranger zu stellen. Es geht darum, Leute, die vorsätzlich betrügen und dem guten Ruf der deutschen Wissenschaft schaden, dazu zu zwingen, Konsequenzen zu ziehen.

Dass dies heute leichter ist, ist ein Segen und kein Fluch. Im Allgemeinen sollten wir es begrüßen, wenn neue Technik der Gesellschaft erlaubt, Verbrechen besser aufzuklären – sei es eine DNS-Untersuchung in einem Mordfall oder EDV bei der Aufdeckung von Steuerhinterziehung. Dass ausgerechnet der Chefredakteur von bild der wissenschaft dafür plädiert, ausgerechnet die für Forschung verantwortlichen Politikerinnen Schavan und Koch-Merin im Amt zu lassen, ist echt ein sehr schlechter Witz.

Nein, ein Doktortitel sollte keine Voraussetzung sein, Minister oder auch nur Politiker zu sein. Wer sich aber so nennt und davon profitiert, muss dafür haften und die Konsequenzen ziehen, wenn dies auf Lügen beruht. Man fällt dann tief – aber nur so tief, wie das eigene Luftschloss hoch ist.

Phillip Helbig, per E-Mail

Wird der Watzmann verheizt?

Aprilscherz in den bdw-Nachrichten, Heft 4/2013

Mit Bestürzung habe ich in der April-Ausgabe von bild der wissenschaft gelesen, dass das Watzmann-Massiv bei einer Ausbeutung der darunter liegenden Erdölvorkommen teilweise abgetragen werden muss. Ich schlage vor, das Massiv in nummerierte Blöcke zu zerlegen, sie zwischenzulagern und danach wieder an alter Stelle aufzubauen, so wie man es seinerzeit mit dem Tempel in Abu Simbel gemacht hat. Sollte meine Idee verwirklicht werden, überlasse ich sie großzügig dem Land Bayern. Michael Schwiese, per E-Mail

Vorher jedoch muss die Salzach bis zum Oberlauf für Schub-Verbände und Öltanker schiffbar gemacht werden, selbstverständlich mit Anbindung zum Königssee, um den Abtrag und das Öl über den Rhein-Main-Donau-Kanal abtransportieren zu können. Dann würde diese Schiffahoi-Hoiaschiff-Rinne endlich Sinn machen.

Eingedenk bundesrepublikanischer Milliardengräber bei Großprojekten ist leider keine Schnapsidee verschroben genug, um nicht doch irgendwann realisiert zu werden. Aprilscherze sind halt auch nicht mehr das, was sie einmal waren.

Joachim Merz, per E-Mail

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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

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