Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Bremerhaven im Aufwind

Erde|Umwelt Technik|Digitales

Bremerhaven im Aufwind
Nach einer langen Durststrecke setzt die Hafenstadt an der Wesermündung jetzt große Hoffnungen auf die Offshore-Windbranche.

Städte, die etwas auf sich halten, bieten Touristen eine Sightseeing Tour. In Barcelona kann man im offenen Bus die Sagrada Familia und andere Gaudi-Bauwerke sehen, in Köln den Dom und die RTL-Studios. In Bremerhaven heißt das Angebot „Tour de Wind“ und führt zu Industriegebieten und Hafenbecken. Dabei muss man oft den Kopf in den Nacken legen, um die kolossalen Ausmaße der Anlagen erfassen zu können. Am Kai stehen 40 Meter hohe dreibeinige Fundamente aus Stahl, unten rostfarben, oben schreiend gelb. Sie warten darauf, mit 60 Meter langen Rohren an den Meeresboden „genagelt“ zu werden. Hinter einem Zaun reihen sich sauber verpackte Maschinenhäuser für die Windkraftanlagen aneinander, die „Gondeln“, groß wie Einfamilienhäuser. An einer anderen Stelle liegen gewaltige Rotorblätter, teils 60 Meter lang. Die Fahrt führt vorbei an rotierenden Windrädern und an Hallen, in denen künstliche Stürme toben. Wer Glück hat, sieht sogar eines der großen Errichterschiffe, die Schwerstarbeit beim Aufbau von Windkraftanlagen auf offener See leisten.

Seit einigen Jahren dreht sich in der norddeutschen Hafenstadt alles um den Wind. Er ist nicht nur Attraktion für Besucher, sondern auch Hoffnung für die Bewohner. Mit der Energiewende, die die Regierung in Berlin eingeläutet hat, boomt der Bau von Windparks in Nord- und Ostsee. Bremerhaven ist zur Drehscheibe für diese neue Branche geworden, zum Zentrum der deutschen Offshore-Windenergie. Die Hafenstadt, die wirtschaftlich am Boden lag, hat dadurch eine Art Auferstehung feiern können.

Inzwischen gilt sie bei Geografen als Paradebeispiel für einen gelungenen Strukturwandel. Delegationen aus aller Welt pilgern hierher, um das Wunder zu bestaunen. Nach dem Atom-GAU von Fukushima reiste sogar eine japanische Gruppe an, um sich Anregungen zu holen. „Das war mein emotionalster Termin“, sagt Nils Schnorrenberger, oberster Wirtschaftsförderer und Geschäftsführer der Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung (BIS). „Japaner bitten sonst nicht um Hilfe.“

Tiefschläge mit folgen

Als Schnorrenberger in Bremerhaven anfing, vor 20 Jahren, hatte die Stadt selbst Hilfe bitter nötig. „Die Menschen gingen in Sack und Asche.“ Sie verharrten in einer Art Schreckensstarrre, „wie das Karnickel vor der Schlange“. Gleich drei Tiefschläge hatte Bremerhaven einstecken müssen. Zuerst ging die Fischereiwirtschaft in die Knie, weil Island und Norwegen die Fanggründe vor ihren Küsten für Ausländer sperrten, dann schnappten Japaner und Südkoreaner den Deutschen die Aufträge beim Schiffsbau weg, und schließlich machte die amerikanische Kaserne dicht, wo 3000 zivile Arbeitsplätze wegbrachen. Die Stadt, in der mehr als 100 000 Tonnen Fisch pro Jahr verarbeitet wurden, muss sich heute mit 5000 Tonnen zufrieden geben. In den Werften, wo in den 1970er-Jahren über 10 000 Menschen beschäftigt waren, trifft man gerade noch 600 Arbeiter an. Fischverarbeitung und Schiffsbau, die damals rund 70 Prozent aller Arbeitsplätze stellten, sind heute mit nur noch 10 Prozent dabei.

Anzeige

Bremerhaven steckte so tief im Schlamassel wie sonst nur ostdeutsche Regionen nach der Wende. Nicht einmal das Ruhrgebiet, wo die Zechen nach und nach ihren Betrieb einstellten, wurde so stark gebeutelt. Weil auch im Umland Arbeitsplätze fehlten, zogen viele Menschen fort. Zwischen 1996 und 2001 verlor Bremerhaven Jahr für Jahr rund 2000 Einwohner (siehe Grafik auf S. 94). Der Aderlass schmerzte umso mehr, als es die Jungen und Mobilen waren, die gingen. Die Einwohnerzahl sank von rund 150 000 auf 113 000 – dabei hatte man in den Jahren der Vollbeschäftigung noch mit einer Zunahme auf 200 000 gerechnet und die Infrastruktur kräftig ausgebaut. Die Zahl der Haushalte ging seit 1995 um rund neun Prozent zurück, sodass ganze Stadtviertel verfielen. Die hässlichen Worte „Rückbau“ und „gesundschrumpfen“, die viele unwillkürlich mit Ostdeutschland verbinden, bekamen auch an der Nordseeküste ein Gesicht. Die Arbeitslosigkeit erreichte 2005 mit 26 Prozent ihren höchsten Stand. Das Magazin „ Der Spiegel“ sprach vom „Armenhaus der Nation“.

das Blatt hat sich gewendet

Inzwischen hat sich das Blatt gewendet. Ein Symbol dafür ist das Gelände der traditionsreichen Schichau Seebeckwerft (SSW), die nach mehreren Fusionen, Konkursen und Neugründungen 2009 endgültig aufgab. Heute herrscht hier wieder Hochbetrieb. Auf der schrägen Rampe, der Helling, wo einst Schiffe emporwuchsen und ins Wasser glitten, steht jetzt ein Umspannwerk, wie es jeder Windpark braucht. Die mehrstöckige Stahlkonstruktion wiegt mitsamt den Containern für das technische Equipment rund 3000 Tonnen. Ein Schwimmkran wird sie später in der Nordsee auf ein Fundament hieven. Für diesen Kraftakt sind vier armdicke Stahlseile nötig. Ein Tieflader hat sie gerade gebracht. Jedes Seil ist fünf Tonnen schwer, die Ösen sehen aus wie Rettungsringe. Der Begriff „Strukturwandel“ wird greifbar auf diesem Gelände, das man nur mit Helm und Schutzkleidung betreten darf. Der mittelständische Stahlbauer Weserwind, der neben Trafostationen vor allem Fundamente für die Offshore-Windanlagen baut, hat die Gebäude der Werft fast komplett übernommen, denn er hat ähnliche Bedürfnisse wie die Schiffbauer. Wie bei seinem Vorgängerunternehmen schweißen bei ihm Arbeiter Stahlteile zusammen. Und wie SSW braucht auch Weserwind einen Zugang zum Wasser, um die schweren und klobigen Strukturen verschiffen zu können.

Der Windbauer musste nicht viel umbauen und kann sogar die Helling nutzen. „Das hat noch niemand gemacht“, sagt Weserwind-Mitarbeiter Maximilian Stierle. In der riesigen Halle lagern wieder Stahlbleche, manche faustdick. Denn das raue Offshore- Geschäft erfordert stärkere Profile als der Schiffsbau. Mächtige Pressen formen Rohre aus den Platten, und Schweißroboter fügen die Enden zusammen.

Attraktives neues Zentrum

Wie konnte der Neustart von Bremerhaven gelingen? Zunächst profitierte die Stadt von einer Sonderzahlung aus dem Länderfinanzausgleich, mit der sie ein neues Zentrum baute. Eigentlich gab es vorher gar keine City. Erst 1827 gegründet, konnte Bremerhaven nie ein großstädtisches Flair mit attraktivem Stadtkern entwickeln. Es ist ein Hafen mit angeschlossener Arbeitersiedlung geblieben. Die gesamte Küstenlinie ist mit Gewerbegebieten verstellt, dahinter folgt ein Riegel Wohnbebauung, und den Abschluss bilden die Eisenbahnlinie und die Autobahntrasse.

Das neue Zentrum hat nun erstmals einen Zugang zur attraktiven Wasserlinie geschaffen. Es soll vor allem Touristen anlocken. Mehrere Museen sind entstanden, etwa das Klimahaus, wo Besucher auf einem Längengrad virtuell um die Erde reisen können, oder das Deutsche Auswandererhaus, in dem ein wichtiges Kapitel der Stadtgeschichte vorgestellt wird. Denn Bremerhaven war einst das Tor zur Welt. Von hier aus traten zwischen 1830 und 1974 über sieben Millionen Menschen die Reise nach Übersee an. Daneben ist ein modernes Einkaufszentrum entstanden und ein Hotel, das wie eine Miniaturausgabe des berühmten Burj Al Arab in Dubai aussieht.

Steife brise als Pluspunkt

Heute zählt Bremerhaven über zwei Millionen Übernachtungen pro Jahr. Doch Tourismus allein genügt nicht, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, zumal die Stadt außer den musealen Highlights nicht gerade mit Attraktionen gesegnet ist. So kam die Windenergie ins Spiel, denn auf See weht fast immer eine steife Brise. Offshore kann man mit derselben Anlage zwei- bis dreimal so viel Strom ernten wie an Land. Und der Hochseehafen bietet die nötige Infrastruktur. Allerdings braucht jeder Wandel Menschen, die sich dahinter klemmen – wie Nils Schnorrenberger. Der lud 2001 die gesamte Windenergie-Branche zu einer Konferenz ein. 2002 gründete er die Windenergie-Agentur Bremerhaven/Bremen (WAB), ein Technologiezentrum, das die Branche vernetzt. Der WAB gehören inzwischen rund 400 Firmen und Institute an.

Vor allem kümmerte sich Schnorrenberger darum, den Unternehmen bürokratische Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Und er stellte Gelände für den Bau von Windrädern bereit. Denn wer Offshore-Windräder baut, muss vorher Prototypen an Land testen. „ Wir sind bis heute der einzige Standort, der das ermöglicht“, sagt Schnorrenberger stolz. Die Anstrengungen brachten Erfolg: Ende 2010 setzte das Wochenmagazin „Wirtschaftswoche“ Bremerhaven bei einem Ranking der 100 größten deutschen Städte zur Wirtschaftsfreundlichkeit auf Platz 1. Bei der wirtschaftlichen Dynamik landete die Stadt auf Platz 8.

5-Megawatt-Kolosse am kai

Natürlich gab Bremerhaven auch Investitionszuschüsse, doch die waren mit zehn Prozent weit geringer als in ostdeutschen Bundesländern wie Mecklenburg-Vorpommern. „Der Standort ist nicht nur eine Frage der finanziellen Unterstützung“, bestätigt Jean Huby, der Geschäftsführer von Areva Wind. Man brauche vor allem eine gute Infrastruktur und kompetente Arbeitskräfte. Areva Wind beschäftigt in Bremerhaven rund 800 Mitarbeiter, davon 150 Ingenieure.

Das Unternehmen stellt Maschinenhäuser für die Windanlagen in Serie her. Die 5-Megawatt-Kolosse stehen in einer großen Montagehalle. Die meisten sind noch offen, sodass ihr filigranes Innenleben zu sehen ist. Später, auf See, wird hinter der Verkleidung ein leichter Überdruck herrschen, damit die salzige Seeluft die empfindliche Elektronik der Anlagen nicht beschädigen kann. Und ein Filter hält das Salz zurück.

Für die Verladung der Gondeln, von denen eine so viel wiegt wie vier Panzer, ist Stefan Jabs zuständig. Sein Werdegang ist typisch für Bremerhaven: Länger als zwei Jahrzehnte, von 1983 bis 2004, war er bei SSW angestellt. Er hat den Würgegriff der Werftenkrise mit Stellenabbau und Pleiten zu spüren bekommen. Als jeder Arbeiter nach vielen Einschnitten auch noch 2500 Euro aus der eigenen Tasche drauflegen sollte, um das Unternehmen zu retten, kündigte er. Es folgten Jahre beim Flugzeugbau und in anderen Werften. Vor drei Jahren stieg Jabs bei Areva in die Windbranche ein. Inzwischen sieht er den Wandel positiv. Seine Arbeit sei anspruchsvoller, sauberer und sicherer geworden. Auf der Werft musste er bei Wind und Wetter raus, und es gab „pro Schiff einen Toten, manchmal zwei“. Bei Areva achtet man dagegen penibel auf Sicherheit.

Viel Lehrgeld gezahlt

Obwohl sich in Deutschland bereits mehr als 23 000 Windräder drehen, steht die Offshore-Technologie „noch ganz am Anfang“, wie Areva-Chef Huby sagt. Denn auf dem Meer gelten andere Gesetze als an Land, zumal die deutschen Nordsee-Windparks weit draußen entstehen. Areva musste bereits Lehrgeld bezahlen: Auf dem ersten deutschen Nordsee-Windpark „Alpha Ventus“ war ein Getriebe heiß gelaufen, sodass die schwere Gondel ausgetauscht werden musste. Ein solcher Kraftakt kostet auf offener See viel Zeit und Geld. Das Unternehmen hat daraufhin 16 Millionen Euro in eine Testanlage gesteckt, die jede Gondel nach der Montage passieren muss. 27 Stunden läuft die Untersuchung, wobei die Belastung in 500-Kilowatt-Schritten hochgefahren wird.

Neben dieser „End-of-Line“-Kontrolle sind in der jungen Technologie auch Langzeittests und andere Forschungen unerlässlich. In Bremerhaven gibt es dafür inzwischen viele Einrichtungen. So kann das Windkanalzentrum künstliche Stürme mit Windgeschwindigkeiten von 250 Kilometern pro Stunde entfachen und Modelle oder Originalteile testen.

Eine wichtige Rolle spielt das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES), das viele Forschungsaufgaben übernimmt. In einer großen Halle belastet es Rotorblätter bis zum Anschlag. Die größten Flügel, 80 Meter lang, dürfen selbst bei einer Durchbiegung von 20 Metern nicht brechen. 2014 soll zudem ein Gondelprüfstand entstehen. „Dort können wir 20 Jahre Lebensdauer simulieren“, sagt Institutsleiter Andreas Reuter. Daneben gibt es in Bremerhaven ein „ Offshore-Sicherheitstrainingszentrum“, dessen Kurse jeder besuchen muss, der auf See arbeiten will. Und die örtliche Hochschule hat einen Master-Studiengang Windenergietechnik eingerichtet. „So ein komplettes Mosaik gibt es sonst nirgends“, freut sich Nils Schnorrenberger.

Problemviertel gibt es weiter

Trotz allem ist Bremerhaven noch nicht über dem Berg. Die Windbranche hat inzwischen rund 3000 direkte Stellen geschaffen, dazu etliche weitere im Umfeld. Doch damit kann sie die verlorenen Jobs bei den Werften bei Weitem nicht ersetzen. Die Arbeitslosenquote liegt mit rund 15 Prozent immer noch weit über dem Bundesdurchschnitt. Besonders schlimm: Es handelt sich zum größten Teil um Langzeitarbeitslose, die kaum Aussicht auf einen Job haben. Außerdem gibt es noch immer problematische Stadtteile mit sozialer Schieflage. Und bei der Zahl der Wohnungseinbrüche ist Bremerhaven mit 576 Einbrüchen pro 100 000 Einwohner (Stand 2011) deutschlandweit an der Spitze. Doch die aufstrebende Windbranche hat die Stimmung in der Stadt gedreht. Und sie hat den erschreckenden demografischen Trend gewendet. Die Bilanz aus Zu- und Fortzügen ist inzwischen fast ausgeglichen. Der Anteil der 18- bis 30-Jährigen an der Bevölkerung – ein wichtiger Indikator für die Vitalität einer Stadt – nimmt seit 2001 wieder zu, nachdem er die Jahre zuvor drastisch abgesackt war. Bremerhaven hat durch die Windenergie wieder eine Zukunft. In der deutschen Nordsee sind über 1500 Windräder genehmigt, weitere 1800 Anlagen durchlaufen zurzeit das Genehmigungsverfahren. Nach den Plänen der Bundesregierung werden bis 2030 Windparks mit einer installierten Gesamtleistung von 25 Gigawatt entstehen.

Auch andere Länder wollen in der Nordsee Strom ernten, vor allem England und die Niederlande. Nach einer Studie des Baseler Wirtschaftsforschungsunternehmens Prognos könnten bis 2040 pro Jahr durchschnittlich 600 Anlagen errichtet werden – davon 100 bis 150 in Bremerhaven gebaute. Vielleicht sogar mehr, wenn der Aktionsradius der Errichterschiffe von 200 auf 300 Seemeilen wächst.

Rückenwind aus Berlin tut Not

Die Stadt setzt voll auf diesen Trend. Sie baut zurzeit ein neues Offshore-Hafen-Terminal für Schiffe bis 10,50 Meter Tiefgang, in dem 160 Windräder verladen und gelagert werden könnten. Es soll 2016 fertig sein. Bremerhaven macht sogar den Regionalflughafen dicht, um im Hinterland die nötigen Gewerbeflächen zu gewinnen. Bis 2040 soll die Windenergiebranche nach Berechnungen der Prognos-Experten bis zu 14 000 Arbeitsplätze schaffen.

Doch sie ist dabei auf Rückenwind aus Berlin angewiesen. Denn ohne Subventionen ist der Hochsee-Strom noch nicht konkurrenzfähig. Deshalb hat der Streit um die Stromkosten, der gerade die Politiker umtreibt, in Bremerhaven für Verunsicherung gesorgt. Nicht nur dass die Förderung nach dem Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) zur Diskussion steht. Das Fraunhofer IWES hat 2011 außerdem eine Studie vorgelegt, nach der allein die billigere Onshore- Windkraftnutzung im Binnenland 65 Prozent des deutschen Strombedarfs decken könnte – die vielen Anlagen auf hoher See wären dann nicht nötig. So geht in Bremerhaven wieder die Angst um, denn die Branche will nicht auf Verdacht investieren. Schließlich kostet allein ein einziges Errichterschiff rund 200 Millionen Euro, und für einen mittelgroßen Windpark sind Investitionen von über einer Milliarde Euro fällig.

BIS-Geschäftsführer Nils Schnorrenberger schließt nicht aus, dass in den nächsten Monaten vorübergehend etliche Arbeitsplätze verloren gehen und vielleicht sogar das eine oder andere Unternehmen aufgibt. Aber er glaubt fest an die Zukunft der Offshore-Windenergie. Und er ist überzeugt: Mitte 2014, wenn sich eine neue Bundesregierung etabliert hat, ist der Einbruch überstanden. Denn das Potenzial an Energie, das auf See schlummert, sei zu verlockend, um es nicht zu nutzen. Der Wind weht dort so verlässlich, dass die Ernte fast grundlastfähig ist.

Bremerhaven will für neue Arbeitskräfte ein attraktives Umfeld schaffen. Bisher wohnt nur die Hälfte der rund 48 000 Menschen, die in Bremerhaven arbeiten, in der Stadt. Das ist in großes Problem, denn die hohe Pendlerzahl treibt die Arbeitslosenquote in die Höhe und schmälert die Steuereinnahmen. Das soll sich bald ändern. Die Stadt will Bauland für Einfamilienhäuser ausweisen, denn Ingenieure und andere Fachkräfte wollen weder in Sozialwohnungen noch in maroden Gründerzeithäusern wohnen.

Auch die Anreise ist noch zu beschwerlich. „Die Anbindung an die Bahn ist eine Katastrophe“, sagt der Geograf Frank Meyer, der sich als Privatdozent an der Universität Bayreuth – und gebürtiger Bremerhavener – jahrelang mit dem Strukturwandel der Stadt beschäftigt hat. Der ICE fährt derzeit nur bis Bremen, wo Reisende nach Bremerhaven umsteigen müssen. Doch solche Probleme lassen sich lösen, wenn erst die Wirtschaft brummt. Bleibt nur zu hoffen, dass Bremerhaven nicht auf die falsche Karte gesetzt hat. ■

KLAUS JACOB, Wissenschaftsjournalist und Bauingenieur, schaute sich für diesen Beitrag drei Tage in Bremerhaven um – und sah eine Stadt mit vielen Gesichtern. Der Berliner Fotograf Paul Langrock hielt den Aufbruch an der Weser in Bildern fest.

von Klaus Jacob (Text) und Paul Langrock (Fotos)

Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Phy|to|lo|gie  〈f. 19; unz.〉 = Botanik [<grch. phyton … mehr

Blau|mei|se  〈f. 19; Zool.〉 blaugelb gefärbte Art der Meisen: Parus caeruleus

Me|tall|fo|lie  〈[–lj] f. 19〉 stark ausgewalztes Metallblech, meist für Verpackungszwecke verwendet

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige