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Dick und dicker

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Dick und dicker
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Laut der WHO hat die Zahl der Dicken rasant zugenommen. (Foto: esolla/iStock)
Vor zehn Jahren war es nur eine kurze Meldung, inzwischen ist das Thema in die Schlagzeilen gerückt. „Die Europäer werden immer dicker“, schreibt die FAZ. Die Bild-Zeitung drückt es drastischer aus: „Europa droht die Fettsucht-Krise.“ In den USA ist die Situ­ation eskaliert: Dort gelten inzwischen rund 28 Prozent der Erwachsenen als fettleibig oder adipös, haben also einen Body-Mass-Index (BMI) über 30, bei Schwarzen liegt der Prozentsatz sogar bei 35,5 Prozent. Mehr als jeder dritte schwarze US-Amerikaner ist also übermäßig schwer. Die WHO hält Übergewicht für „eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts“. Je nach Region sei es für 10 bis 13 Prozent der ­Todesfälle verantwortlich und verschlinge 2 bis 8 Prozent der Gesundheitskosten weltweit.

Es ist paradox: Während rund 800 Millionen Menschen auf der Welt hungern müssen und die Zahl der Mädchen mit krank­haftem Schlankheitswahn erschreckend wächst, setzen immer mehr Menschen Speck an. Vor zehn Jahren waren bereits rund eine Milliarde übergewichtig, und die WHO warnte, dass es 2015 ganze 1,5 Milliarden sein könnten ( bild der wissenschaft 12/2005, „Alarmierende Zahlen“). Heute ist die 2-Mil­liarden-Marke längst überschritten. In Deutschland waren nach Angaben des statistischen Bundesamts 2013 rund 43 Prozent der Frauen und 62 Prozent der Männer über 15 Jahren übergewichtig, hatten also einen BMI von mehr als 25. Nach einer Prognose der WHO werden diese Zahlen bis 2030 auf 47 und 65 Prozent steigen. In Irland werden in 15 Jahren laut Statistik fast alle Menschen übergewichtig sein, über die Hälfte davon fettleibig.

Allerdings ist der BMI als Maßstab für Übergewicht umstritten, denn er macht keinen Unterschied zwischen Fett und Muskelmasse. Durchtrainierte Boxer oder Gewichtheber haben oft einen BMI über 25, rutschen also in die Rubrik der Übergewichtigen. Auch müssen ältere Menschen nicht in Panik verfallen, wenn ihr BMI die 25 übersteigt. Viele Experten halten ein maßvolles Übergewicht im ­Alter sogar für gesund. Das nimmt den Zahlen ein wenig von ihrer Brisanz.

Fettleibigkeit als Vorstufe zur Depression

Doch der Anteil der Adipösen (BMI über 30) steigt besonders rasch. Und wer extrem dick ist, muss mit gesundheit­lichen Problemen rechnen. Denn das Risiko für Diabetes, Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall und Krebs nimmt mit der Körperfülle zu. Dazu kommen soziale und psychische Probleme. Da Dicke bei vielen als antriebsschwach und faul gelten, werden sie bei Einstellungen oft benachteiligt. Auch Ausgrenzung und Mobbing sind gang und gäbe, vor allem bei Jugendlichen. Viele schwergewichtige Menschen leiden deshalb unter Depressionen.

Für besonders kritisch hält die WHO überflüssige Kilos bei Kindern und Jugendlichen. Denn wer schon in jungen Jahren Fett ansetzt, wird es meist sein Leben lang nicht los. Übermäßiges Essen wird zur Gewohnheit. In den USA hat das Durchschnittsgewicht von Kindern in den letzten 30 Jahren um rund 5 Kilogramm zugenommen, wobei die Kids täglich etwa 200 Kilokalorien mehr zu sich nehmen. In Europa gelten heute 27 Prozent der 13-Jährigen und 33 Prozent der 11-Jährigen als übergewichtig. „Bewegungsarmut und eine Kultur, die billige Fertignahrung mit viel Fett, Salz und Zucker fördert, sind tödlich“, meint Zsuzsanna Jakob, die Direktorin des europäischen Regionalbüros der WHO.

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Ungesundes für Kinder verbieten

Die Organisation will das Übel nun an der Wurzel packen. Sie fordert in Europa ein Werbeverbot für ungesunde Kindernahrung – dazu gehören Softdrinks, gesüßte Frühstücksflocken, Knabberzeug, Süßwaren, Fertiggerichte und Fast-Food-Produkte. Denn es gebe deutliche Belege für einen Zusammenhang zwischen Lebensmittelwerbung und Adipositas bei Kindern. Die WHO orientiert sich bei ­ihrem Vorstoß an Dänemark und Nor­wegen, wo die Vermarktung von Lebensmitteln für Kinder nur noch beschränkt erlaubt ist.

© wissenschaft.de – Klaus Jacob
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