Dass es auf dem Titan Seen gibt, entdeckte vor ein paar Jahren die Cassini-Sonde der NASA. Ihre Radar-Instrumente machten vor allem in der Nähe des Titan-Nordpols flache, klar abgegrenzte Stellen ausfindig, deren Reflexion für eine flüssige Oberfläche sprach. Damit war klar: Der Titan ist der erste bekannte Himmelskörper außerhalb der Erde, auf dem Seen existieren.
Weil aber die Raumsonde Cassini den Titan nicht umkreist, sondern nur ab und zu auf ihrem Weg durch das Saturnsystem an ihm vorüber fliegt, gab es bisher keine Karte des Mondes, die seine Landschaftsformen im Überblick zeigt. „Der Titan hat so viel interessante Aktivität – fließende Flüssigkeiten, wandernde Sanddünen -, aber um diese Prozesse zu verstehen, müssen wir wissen, wie das Terrain beschaffen ist“, erklärt der Leiter des Cassini-Kartenteams, Ralph Lorenz von der Johns Hopkins University in Laurel. Denn der Verlauf von Flüssen, die Bildung von Wolken und generell das gesamte Wetter sind stark von den Erhebungen und Senken der Landschaft beeinflusst. „Vor allem für die Forscher, die die Hydrologie und das Klima des Mondes untersuchen, ist es wichtig zu wissen, ob sie bei ihren Modellen von flachem oder hoch gelegenem, bergigem Terrain ausgehen müssen“, so Lorenz.
Senken in den Polargebieten und Gebirge am Äquator
Um die Erforschung des Saturnmonds zu erleichtern, haben die NASA-Forscher jetzt erstmals eine vorläufige topografische Karte der Titanoberfläche erstellt. „Wir haben zwar erst rund die Hälfte der Oberfläche erfasst und mussten an vielen Stellen extrapolieren – aber wir hatten das Gefühl, wir können nicht mehr bis zum Jahr 2017 warten, wenn die Cassini-Mission endet“, erklärt der Forscher. Deshalb habe man sich entschlossen, schon jetzt alle von 2004 bis 2012 gesammelten Daten auszuwerten und daraus eine Karte zu erstellen. An den Stellen, an denen es keine Daten gab, nutzten die Forscher einen Algorithmus, der aus der Höhe der umgebenden Datenpunkte ermittelte, welche Höhe der Untergrund an dieser Stelle am wahrscheinlichsten haben könnte.
„Mit dieser neuen topografischen Karte sehen wir nun eine der faszinierendsten und dynamischsten Welten unseres Sonnensystems erstmals dreidimensional“, sagt Steve Wall vom Cassini-Team am Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena. Die Karte zeigt unter anderem, dass die Polarregionen des Mondes flacher sind und tiefer liegen als das Gebiet um den Äquator. Dort reihen sich zahlreiche Gebirge und Hochebenen aneinander, während im hohen Norden und Süden Senken dominieren. In den nächsten Jahren wird Cassini noch mehrfach am Titan vorbeifliegen und soll dabei Stück für Stück die noch nicht erfassten Bereiche des Mondes kartieren. Vorerst aber hilft bereits diese vorläufige Übersichtskarte, Klima und Stoffkreisläufe auf dem Titan präziser zu modellieren und damit auch besser zu verstehen.