Aber unabhängig von ihrer Entstehung gibt es etwas anderes, das diese kosmischen Katastrophen so wertvoll für Astronomen macht: ihr Licht. Denn die helle, energiereiche Strahlung der Explosion folgt einer immer gleichen Kurve, ihre Helligkeit und Strahlungsart verändern sich auf definierte Weise. „Die Typ 1a-Supernovae geben uns damit die präziseste Messlatte für kosmische Entfernungen“, erklärt Steve Rodney von der Johns Hopkins University in Baltimore, einer der an der Studie beteiligten Astronomen. Denn ist die Helligkeit eines Objekts bekannt, kann man aus seinem bei uns ankommenden Licht auf dessen Entfernung schließen. Supernovae Typ 1a werden daher auch als kosmische „Standardkerzen“ bezeichnet. Sehr weit entfernte und damit auch sehr alte Supernovae geben so beispielsweise Aufschluss über die Ausdehnung unseres Universums und damit über fundamentale kosmologische Prozesse.
Fenster in das frühe Universum
Um herauszufinden, ob diese Standardkerzen tatsächlich selbst in fernsten Regionen des Alls immer gleich sind – und auch um Hinweise auf ihre Entstehung zu erhalten, durchmustert ein internationales Astronomenteam im Rahmen des sogenannten CANDELS+CLASH-Supernova-Projekts seit drei Jahren systematisch ferne Galaxien mit Hilfe der hochauflösenden Wide Field Camera des Hubble-Teleskops. Bisher haben sie mehr als 100 Supernovae verschiedenster Arten und Entfernungen entdeckt, darunter auch acht Supernova Typ 1a, die mehr als neun Milliarden Jahre alt sind. Eine davon, Supernova UDS10Wil, erwies sich bei näherer Untersuchung aber noch als deutlich älter.
Durch spektrometrische Analysen des Lichts von UDS10Wil ermittelten die Astronomen für sie eine Rotverschiebung von 1,914 – dies entspricht einem Alter von mehr als zehn Milliarden Jahren. Damit explodierte dieser ferne Stern noch einmal 350 Millionen Jahre früher als der bisherige Rekordhalter. „Der neue Fund öffnet ein Fenster in das frühe Universum und gibt uns wichtige Einblicke darin, wie diese Sterne explodieren“, erklärt Studienleiter David O. Jones von der Johns Hopkins University. Durch Beobachtungen in dieser frühen Epoche des Weltalls könne man prüfen, wie zuverlässig diese Supernovae tatsächlich als Messlatte sind – ob sie tatsächlich schon im frühen Universum genauso abliefen wie heute.
Verschmelzung wahrscheinlicher als Vampir-Szenario
Die Entdeckung der bisher ältesten Typ 1a-Supernova in Kombination mit den anderen Supernovafunden des Projekts liefert den Astronomen auch erste Hinweise darauf, welche Theorie zur Entstehung dieser Explosionen richtig sein könnte. Denn in der Ära vor 7,5 Milliarden Jahren fiel die Anzahl der Supernovae dieses Typs steil ab, wie die Forscher berichten. Vor zehn Milliarden Jahren war die Supernova UDS10Wil demnach offenbar eher die Ausnahme als ein Massenphänomen. Das aber könnte die Theorie der verschmelzenden Weißen Zwerge stützen. Denn die Sternexplosion ereignete sich zu einer Zeit, als im Universum gerade eine Periode besonders vieler Sternengeburten angebrochen war.
„Wenn die meisten Sterne schon kurz nach ihrer Geburt zur Supernova geworden wären, müssten wir zu dieser Zeit auch eine Art ‚High Noon‘ für Supernovas sehen“, sagt Rodney. Das aber sei nicht der Fall. Da die Verschmelzung zweier Weißer Zwerge nach gängiger Theorie später geschieht als die Explosion eines Materie saugenden Zwergs, spricht dies nach Ansicht der Astronomen für die Verschmelzungstheorie. Sie hoffen aber, im Rahmen ihrer Durchmusterungen noch weitere Beispiele solcher ferner Standardkerzen zu entdecken und so mehr Informationen aus dieser Ära zu erhalten.