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Generationsübergreifendes Übel

Geschichte|Archäologie Gesellschaft|Psychologie

Generationsübergreifendes Übel
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Credit: Thinkstock
Von einer unbeschwerten Kindheit keine Spur – für viele Menschen war der Start ins Leben ein düsteres Kapitel: Gewalt, Psychoterror oder sexueller Missbrauch prägten ihren Alltag. Es ist allgemein bekannt, dass solche Erfahrungen das ganze spätere Leben der Betroffenen überschatten können. Doch nun berichten Forscher von noch weitreichenderen Folgen: Frauen, die in der Kindheit misshandelt wurden, bekommen demnach deutlich häufiger Kinder, die an Autismus leiden, zeigen die statistischen Auswertungen von Andrea Roberts von der Harvard University in Cambridge und ihren Kollegen.

Die Forscher haben für die Studie die Daten von 50.000 Frauen ausgewertet, die an der sogenannten „Nurses‘ Health Study II“ teilgenommen hatten. Sie umfasst Informationen über die persönlichen Lebensgeschichten der Frauen, ihren Gesundheitszustand und auch über gesundheitliche Aspekte ihrer Kinder. So konnten die Wissenschaftler den statistischen Zusammenhang zwischen einer traumatischen Kindheit der Mütter und der Häufigkeit von Autismus bei ihren Kindern herstellen.

Den Auswertungen der Forscher zufolge ist der Zusammenhang deutlich: Frauen, die in ihrer Kindheit misshandelt worden waren, hatten dreieinhalb Mal häufiger autistische Kinder als Mütter, die diese schlimmen Kindheitserfahrungen nicht durchmachen mussten. Dieses Ergebnis zeigt, dass Missbrauch, körperliche und seelische Gewalt in der Kindheit nicht nur sehr schädlich für die betroffenen Personen selbst sind, sondern sogar das Wohl der nächsten Generation gefährden. „Unsere Studie weist damit auf einen völlig neuen Risikofaktor für Autismus hin“, resümiert Roberts.

Ein Ausrufungszeichen für den Kampf gegen Kindesmisshandlung

Es gibt bereits bekannte Risikofaktoren, die während der Schwangerschaft zu einer erhöhten Häufigkeit von Autismus bei Kindern führen: Schwangerschaftsdiabetes, Rauchen und erhöhter Blutdruck wurden bereits mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit assoziiert, ein Kind mit Autismus zu bekommen. Die Statistiken der Forscher zeigten, dass als Kind misshandelte Frauen auch tatsächlich zu diesen Faktoren während Schwangerschaften neigen. Doch das Ausmaß des Effekts sei allein dadurch nicht erklärbar, betonen Roberts und ihre Kollegen. Diese Parameter tragen den Auswertungen zufolge unterm Strich nur zu sieben Prozent zu dem Zusammenhang zwischen Misshandlung und der erhöhten Häufigkeit von autistischen Kindern bei.

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Andere Faktoren müssen also eine weit größere Rolle spielen, sagen die Wissenschaftler. Welche dies konkret sind, sollen nun weitere Studien klären. Möglicherweise liegt der Zusammenhang an den langfristigen Auswirkungen von Misshandlungen auf biologische Systeme von Frauen, wie zum Beispiel das Immunsystem oder Stress regulierende Mechanismen. Sie könnten Prozesse in Gang setzen, die ein Autismusrisiko beim Nachwuchs erhöhen. Was auch immer die Ursachen für die unheilvolle Verbindung sind – die Forscher sehen in den Ergebnissen ihrer Studie ein Ausrufungszeichen dafür, in den Anstrengungen im Kampf gegen Kindesmisshandlung nicht nachzulassen.

Andrea Roberts (Harvard University in Cambridge) et al.: JAMA Psychiatry, online March 20, 2013 and in the May 2013 print issue © wissenschaft.de – Martin Vieweg
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