Planetenentstehung war bisher ein Forschungsgebiet, in dem hauptsächlich mittels Computersimulationen gearbeitet wurde, sagt Sascha Quanz. Wenn es sich bei unserer Entdeckung wirklich um einen Protoplaneten handelt, dann versetzt das Wissenschaftler zum ersten Mal in die Lage, Entstehung und Wechselwirkung eines Planeten mit seiner Geburtsumgebung in einer sehr frühen Phase direkt zu untersuchen.
Ein planetares Riesen-Baby mampft und wächst
Der mögliche Babyplanet um HD 100546 erscheint als ein schwacher Lichtfleck in der zirkumstellare Scheibe, berichten die Forscher. Ihnen zufolge handelt es sich vermutlich um einen wachsenden Gasriesen, ähnlich dem Jupiter in unserem Sonnensystem. Der Protoplaneten-Kandidat umkreist seinen Zentralstern in etwa dem 70-fachen Abstand der Erde zur Sonne. Laut gängigen Modellvorstellungen wachsen solche Riesenplaneten, indem sie einen Teil des Gases und Staubes einfangen, der bei der Bildung des Zentralsterns übrig geblieben ist. Für diese Annahme haben die Astronomen bei ihren Untersuchungen nun bereits Belege gefunden: Nahe am potenziellen Protoplaneten haben sie Strukturen in der Staubscheibe entdeckt, die auf Wechselwirkungen zwischen dem Planeten und der umgebenden Materie hindeuten. Außerdem scheint der Protoplanet seine Umgebung durch seinen Entstehungsprozess aufzuheizen. Es gibt Modelle, die vorhersagen, wie sich die Helligkeit eines Protoplaneten entwickelt. Unsere Beobachtungen stimmen mit diesen Modellen sehr gut überein, was ein wichtiges Indiz für die Richtigkeit dieser These ist, erklärt Quanz.
Obwohl die Existenz des Protoplaneten die wahrscheinlichste Erklärung für die bisherigen Beobachtungen ist, werden weitere Untersuchungen nötig sein, um die Entdeckung zweifelsfrei zu bestätigen und andere Szenarien auszuschließen. Denn es könnte sich statt um einen Protoplaneten beispielsweise auch um einen bereits vollständig ausgebildeten Planeten handeln, der nur aus seiner ursprünglichen Umlaufbahn nahe des Zentralsterns herausgeschleudert wurde. Die Astronomen halten dies aber für eher unwahrscheinlich.
Es gebe auch eine vergleichsweise simple Möglichkeit, dieses Szenario auszuschließen, sagen Quanz und seine Kollegen: nämlich durch weitere Beobachtungen. Wenn sich das Objekt im Laufe des nächsten Jahrzehnts radial vom Stern wegbewegt, dann wäre das ein Beweis für die Schleuder-These. Wenn es sich dagegen tatsächlich um einen Protoplaneten handelt, dann müsste sich dieser in einer stabilen Umlaufbahn um HD 100546 bewegen. Wenn wir das Objekt regelmäßig beobachten, werden wir schon bald nachweisen können, welche These richtig ist, sagt Quanz.