Hübsch war sie in unseren Augen nicht
Die ungewöhnlichen Eigenschaften des kleinen Schädels haben das Verfahren deutlich erschwert, berichtet Hayes: ?Diese Aufgabe hat unerwartet viel Zeit gekostet und mir einiges Kopfzerbrechen bereitet.? Mit dem Endergebnis zeigt sich die Wissenschaftlerin nun allerdings zufrieden. Die Rekonstruktion, die die Forscherin zurückhaltend ?Annäherung? nennt, zeigt ungewöhnliche, aber doch eindeutig menschliche Züge. ?Hübsch ist sie in unseren Augen wohl nicht gewesen, aber definitiv markant?, kommentiert Hayes. Die ?Hobbit-Frau? hatte den 3D-Bildern zufolge keine für uns typisch femininen Züge, wie große Augen und eine rundliche Stirn. Doch moderne Ästhetik war bei der Rekonstruktion natürlich kein Kriterium, sondern wissenschaftliche Genauigkeit, betont Hayes.
Bei dem Skelett, das 2003 auf der Insel Flores entdeckt worden war, handelte es sich nach derzeitigem Kenntnisstand um eine Frau, die vor ungefähr 18.000 Jahren gelebt hat. Ihr Gebiss weist darauf hin, dass sie zum Zeitpunkt ihres Todes um die 30 Jahre alt war. Über die Einordnung von Homo floresiensis in den Stammbaum des Menschen gab und gibt es nach wie vor Meinungsverschiedenheiten unter den Anthropologen. Einige gehen davon aus, dass die Funde lediglich von kleinwüchsigen Vertretern von Homo sapiens stammen. Das ungewöhnlich kleine Gehirn und der gedrungene Körper seien auf eine Krankheit oder Mangelerscheinungen zurückzuführen gewesen, so die Argumentation. Neuere Untersuchungen entkräfteten diesen Verdacht allerdings. Die vorherrschende Ansicht ist nun, dass es sich bei den ?Hobbits? tatsächlich um eine eigene Art gehandelt hat. Vermutlich stammte sie von Homo erectus ab. Das Phänomen der sogenannten Inselverzwergung hatte diese Frühmenschen auf der Insel Flores dann vermutlich schrumpfen lassen.
Hier wird?s wieder ein bisschen ?Tolkien?
Es gibt allerdings auch mögliche Hinweise zu den ?Hobbits?, die ihnen erneut einen Hauch des Mysteriösen und Fantastischen zu verleihen scheinen: Einheimische der Insel Flores berichteten dem australischen Forscher Richard Roberts bereits vor der Entdeckung der Fossilien von den sogenannten ?Ebu Gogo?, die ihre Vorfahren angeblich noch getroffen hätten. Der Name Ebu Gogo bedeutet so viel wie ?Großmutter, die alles isst?. ?Die Ebu Gogo waren winzig wie kleine Kinder, außer im Gesicht komplett behaart und hatten lange Arme und einen runden Trommelbauch. Sie murmelten ständig in einer unverständlichen Sprache, plapperten aber auch nach, was man ihnen sagte?, so die Erzählungen. Die letzten Ebu Gogo sollen demnach erst Anfang des 19. Jahrhunderts ausgerottet worden sein. Diese ungewöhnlichen Überlieferungen lassen sich allerdings bisher nicht wissenschaftlich gesichert mit Homo floresiensis verknüpfen.