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Zu Lande, zu Wasser – oder was?

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Zu Lande, zu Wasser – oder was?
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Uralte Qualle oder Mikrobenkolonie auf dem Trockenen? Das Ediacara-Wesen Dickinsonia gibt Rätsel auf. © Greg Retallack
Sie heißen Dickinsonia, Hallidaya oder Kimberella – und sie waren womöglich die ersten Landbewohner. Bislang galten die faszinierenden Lebewesen aus dem Erdzeitalter Ediacarium (635 bis 542 Millionen Jahre vor heute) als Meereslebewesen – auf viel mehr an klaren Aussagen zu den eigenartigen Kreaturen konnten sich die Paläontologen bislang nicht einigen. Einige halten sie für riesige Einzeller, andere für einfache Vorfahren der heutigen Tiere, wieder andere sehen in ihnen ein fehlgeschlagenes Experiment der Evolution. Doch nun kommt der Forscher Gregory Retallack von der University of Oregon zu einem weiteren, ganz anderen Schluss: Er glaubt, dass die Ediacara-Wesen an Land lebten. Der Bodenexperte hält die seltsamen Strukturen für fossile Flechten, Pilze oder Mikrobenmatten.

Im Erdzeitalter Ediacarium gab es noch keine großen, mehrzelligen Tiere. Erst in der nachfolgenden Periode, dem Kambrium, machten sich plötzlich Wesen wie Gliederfüßer, Weichtiere oder Würmer im Meer breit. Doch auch aus dem Ediacarium sind interessante Fossilien erhalten geblieben. Manche sehen aus wie Federn oder Blätter, andere sind rund und haben eine eigenartige, dreifache Symmetrie, und viele scheinen aus Kammern zu bestehen wie eine Luftmatratze. Da keines der Wesen einen Mund oder Beine hatte, ist es schwierig, eine Verbindung mit den verschiedenen Tierstämmen herzustellen.

Retallack, ein aus Australien stammender Geologe, hat nun das Gestein der wohl bekanntesten Fundstelle für Ediacara-Organismen in Australien mit modernsten Methoden untersucht. Er kommt zu dem Schluss, dass der rote Sandstein ursprünglich an Land entstand. ?Der wichtigste Beweis für diese neue Sichtweise besteht darin, dass sich unmittelbar unterhalb der Sandsteinschicht mit den Abdrücken fossile Böden befinden?, sagt er. ?Mit anderen Worten: Die Ediacara-Fossilien befanden sich in der Position, die sie auch im Leben einnahmen, an der Oberfläche des Bodens an Land.? Der Analyse von Retallack zufolge war die Umwelt im Australien des Ediacariums kalt und trocken.

Andere Forscher sind allerdings skeptisch. Shuhai Xiao von der Virginia Tech beispielsweise hält die angeführten Belege für zweifelhaft, wie er in einem die Studie begleitenden Kommentar in „Nature“ schreibt. Seiner Meinung nach gibt es wesentlich überzeugendere Belege dafür, dass sowohl die australischen Abdrücke als auch viele andere Ediacara-Fossilien weltweit im Meer entstanden. Auch Paul Knauth von der Arizona State University schreibt, dass sich viele Befunde Retallacks auch anders interpretieren lassen. Der Forscher hält die neue Sichtweise dennoch nicht für völlig abwegig: ?Die Suche nach Hinweisen auf eine biologische Evolution abseits vom Meer ist ein aufregendes neues Forschungsgebiet? schreibt er. ?Immerhin gibt es Daten, die darauf hindeuten, dass die Landoberflächen damals ergrünten.? Falls sie wirklich Flechten, Schleimpilze oder Mikrobenkolonien waren, waren die seltsamen Ediacara-Wesen womöglich entscheidend an dieser Entwicklung beteiligt.

Gregory Retallack (University of Oregon): Nature, Online-Vorabausgabe, doi:10.1038/nature11777 © wissenschaft.de – Ute Kehse
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♦ Die Buchstabenfolge mi|kr… kann in Fremdwörtern auch mik|r… getrennt werden.
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