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Rekordverdächtiges Gravitationsmonster

Astronomie|Physik

Rekordverdächtiges Gravitationsmonster
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Die Galaxie NGC 1277 befindet sich im Zentrum dieser Aufnahme. Credit: David W. Hogg, Michael Blanton, and the SDSS Collaboration
Gefräßig, monströs und mit kaum vorstellbaren Dimensionen – die finsteren Giganten des Universums machen wieder einmal Schlagzeilen: Astronomen haben im Zentrum einer Galaxie ein Schwarzes Loch entdeckt, das mit 17 Milliarden Sonnenmassen möglicherweise das massereichste bisher bekannte Exemplar sein könnte. Auch wenn die Rekordwerte noch bestätigt werden müssen, ist jetzt bereits klar: Der Himmelskörper sprengt die aktuellen Modelle der Galaxienentwicklung. Seine Masse ist im Verhältnis zu der seiner gesamten Galaxie völlig unverhältnismäßig, berichten die Forscher um Remco van den Bosch vom Max-Planck-Institut für Astronomie.

Schwarze Löcher sind vermutlich die bizarrsten Himmelskörper, die das Universum zu bieten hat. Ihre enorme Schwerkraft zerrt gleichsam auch an der menschlichen Vorstellungskraft: Ihre Gravitation ist so stark, dass sogar das Licht nicht entkommen kann ? deswegen auch der Begriff „Schwarzes Loch“. Nach derzeitigem Stand der Wissenschaft besitzen alle Galaxien in ihrem Zentrum ein Schwarzes Loch mit einer Masse zwischen einigen Hunderttausend und mehreren Milliarden von Sonnenmassen. Das am besten untersuchte Exemplar besitzt rund vier Millionen Sonnenmassen ? es ist das ?schwarze Herz? unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße.

Bisherige Untersuchungen der Massen von Galaxien und ihrer Schwarzen Löcher legten nahe, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen der Masse des zentralen Schwarzen Lochs und der Masse der Sterne seiner Galaxie gibt. Typischerweise kommt das Schwarze Loch demnach auf etwa 0,1 Prozent der Gesamtmasse. Dieses Verhältnis spielt eine wichtige Rolle in allen derzeit gängigen Modellen der Galaxienentstehung, betonen die Forscher. Doch das nun entdeckte Gravitationsmonster passt ganz und gar nicht zu diesen Modellen.

Gegen die Regeln: Der Gigant sitzt in einer zu kleinen Galaxie

Der Fund des Giganten gelang den Forschern mit Hilfe von Beobachtungen des Hobby-Eberly Telescopes und archivierten Bildern des Weltraumteleskops Hubble. Das supermassereiche Schwarze Loch befindet sich im Zentrum einer Scheibengalaxie namens NGC 1277. Mit 17 Milliarden Sonnenmassen könnte es das derzeit größte bekannte Schwarze Loch sein, denn beim bisherigen Rekordhalters gibt es Unklarheiten: Seine Masse wird auf 6 bis 37 Milliarden Sonnenmassen geschätzt. Liegt der wahre Wert also am unteren Ende, würde das Schwarze Loch von NGC 1277 diesen Rekord brechen.

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Die noch größere Überraschung für die Astronomen besteht allerdings darin, dass die Masse des zentralen Schwarzen Lochs 14 Prozent der Gesamtmasse von NGC 1277 ausmacht. Betrachtet man nur den zentralen, auch Bulge genannten Bereich der Galaxien, kommt das Schwarze Loch sogar auf knapp 60 Prozent der Gesamtmasse – der bisherige Rekordhalter schaffte gerade einmal elf Prozent. Den bisherigen Modellen zufolge müsste ein Schwarzes Loch mit 17 Milliarden Sonnenmassen in einer mindestens zehnmal größeren Galaxie sitzen und nicht in einer kleinen Scheibengalaxie wie NGC 1277, sagen die Astronomen.

Die Frage ist nun: Ist der unverhältnismäßige Gigant nur eine Ausnahme? Vorläufige Untersuchungsergebnisse von den Bosch und seinen Kollegen scheinen darauf hinzudeuten, dass die Antwort ?nein? lauten könnte. Denn die Forscher fanden bereits Hinweise auf fünf weitere Galaxien, die vergleichsweise klein sind, aber dennoch ungewöhnlich massereiche zentrale Schwarze Löcher zu besitzen scheinen. Bestätigt sich die Vermutung, dann müssen Astronomen ihre Modelle der Galaxienentwicklung grundlegend überdenken.

Remco van den Bosch (Max-Planck-Institut für Astronomie) et al.: Nature, doi:10.1038/nature11592 © wissenschaft.de – Martin Vieweg
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