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Die Geburt des Nestbaus

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Die Geburt des Nestbaus
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Rona, Peter; Seilacher, Adolf, doi: 10.1016/j.dsr2.2009.05.015
Das älteste Nest der Welt ist womöglich schon 540 Millionen Jahre alt und damit weit älter als bislang angenommen. Das glaubt zumindest der US-Paläontologe Mark McMenamin. Seiner Vorstellung nach umhüllte ein bisher unbekanntes Tier im Erdzeitalter Kambrium seine Eier mit Kügelchen aus organischem Material. Wie McMenamin kürzlich auf der Jahrestagung der Geological Society of America berichtete, fraßen sich die frisch geschlüpften Jungtiere dann durch die Umhüllung und formten dabei ein System aus mikroskopisch kleinen Gängen. Der Lebensraum der unbekannten Nestbauer waren die ersten Riffe der Erdgeschichte, die von schwammartigen Lebewesen gebildet wurden.

McMenamin untersuchte Kalkstein aus Mexiko und Nevada, der im frühen Kambrium entstanden war. Zu dieser Zeit breiteten sich erstmals größere mehrzellige Tiere auf der Erde aus, nachdem es viele Jahrmilliarden lang nur Einzeller gegeben hatte. Dieses Ereignis, die plötzliche Ausbreitung der Tiere, wird auch als kambrische Radiation bezeichnet. McMenamin sieht nun Hinweise darauf, dass sich schon die ersten dieser Mehrzeller um ihren Nachwuchs sorgten ? ein Verhalten, dessen erstes Auftreten bislang 200 Millionen Jahre später vermutet wird.

Futter für den Nachwuchs

Die Urtiere legten demnach ihre Eier in kleine Hohlräume innerhalb des Riffs. Anschließend packten sie die Höhlen mit selbstproduzierten Kügelchen voll, die maximal einen halben Millimeter dick waren. Nachdem der Nachwuchs geschlüpft war, baute er ein System aus mikroskopisch kleinen Gängen in diesem Nest. In diesem Labyrinth wuchsen wahrscheinlich Bakterien, die das organische Material der Kügelchen abbauten und die heute mit Kalzit gefüllten Röhren stabilisierten ? eine Art Mikrobengarten, wie McMenamin sagt.

Andere Erklärungen schließt der Forscher aus. So sei das Tier, das die Kügelchen ausschied, selbst definitiv zu groß gewesen, als dass es die winzigen Gänge hätte graben können. Außerdem nehme der Durchmesser der Gänge nach außen hin zu. Das sei logisch, die Jungtiere offenbar wuchsen, während sie sich vom Zentrum zum Rand des Nestes vorarbeiteten. Diese These zu belegen, ist allerdings schwierig, denn offenbar ist keines der Tiere, die die Gänge gegraben oder auch nur die Kügelchen dort platziert haben, erhalten geblieben.

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Versteinerte Wabenstruktur als Zeuge

Es gibt jedoch Beispiele für ähnliches Verhalten, die möglicherweise mehr Daten liefern können. Dazu gehört vermutlich auch ein Fossil namens Paleodictyon (siehe Foto). Dabei handelt es sich vermutlich ebenfalls nicht um den Abdruck eines Tieres, sondern um ein sogenanntes Spurenfossil ? also um versteinerte Spuren eines Tiers. Das wabenförmige Muster von Paleodictyon tauchte erstmals in kambrischen Gesteinen auf, ist aber auch noch in wenige Millionen Jahre alten Schichten zu finden. 2009 berichtete ein Forscherteam um Peter Rona vom Fund eines ähnlichen Gangsystems im Meeresboden in der Nähe des Mittelatlantischen Rückens. Innerhalb der Röhren fanden die Forscher allerdings keine Lebewesen. Das Rätsel, wie die sechseckigen Muster entstanden sind, ist daher nach wie vor ungelöst. Einige Forscher vermuten auch hier einen Mikrobengarten, der Würmern als Nahrung diente. Rona selbst hält es auch für möglich, dass die Hohlräume das Skelett eines Schwammes nachbilden, der von anderen Wesen aufgefressen wurde.

Mark McMenamin (Mount Holyoke College, South Hadley, Massachusetts): Vortrag auf der Jahrestagung der Geological Society of America © wissenschaft.de – Ute Kehse
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