Tod eines Handlungsreisenden
Es handelte sich um ein Gewebe aus Brennnessel-Fasern, ergaben die Untersuchungen. Aber die Pflanzen waren nicht etwa auf dänischem Boden gewachsen, sondern im heutigen Kärnten oder der Steiermark, wie Strontium-Analysen zeigten. Das Element kommt in verschiedenen Regionen der Erde in unterschiedlichen Isotopenverhältnissen vor. Da Pflanzen Strontium beim Wachsen aufnehmen, lässt sich anhand des Strontium-Profils auch nach Jahrtausenden noch deren Herkunft bestimmen. Untersuchungsergebnisse der bronzenen Urne passen ebenfalls zu den Analysen der Pflanzenfasern: Das Metall stammt höchstwahrscheinlich ebenfalls aus der Alpenregion.
Die Forscher spekulieren, dass der Mann aus dem dänischen Hügelgrab während einer Handelsmission in den Süden verstorben ist. Dort wickelte man seine Knochen in den Nesselstoff und legte sie in eine Bronzeurne, die Mitreisende dann nach Dänemark zurückbrachten. Stoffe aus Brennnessel waren den Archäologen zufolge keineswegs billiger Ersatz für die damals bereits verbreiteten Textilien aus Flachs, Hanf oder Wolle. Das Textil war vielmehr ein fürstlicher Luxusartikel: Nach aufwendiger Bearbeitung besaß Brennnessel-Stoff die Qualität von Rohseide, sagen die Forscher. Ob die Dänen vor 2.800 Jahren auch selbst Brennnessel-Textilien gefertigt haben, bleibt fraglich. Das alpenländische Tuch ist bisher der einzige bronzezeitliche Nachweis von Nessel-Tuch in Dänemark.