Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Dank Viren ein neues Immunsystem

Erde|Umwelt Gesundheit|Medizin

Dank Viren ein neues Immunsystem
Durch die Übertragung einer gesunden Erbanlage mit Hilfe spezieller Viren ist es US-Forschern erstmals gelungen, eine erblich bedingte Form des sogenannten Schweren Kombinierten Immundefekts (SCID) bei Kindern zu heilen. Sie schleusten das intakte Gen dabei in Knochenmarks-Stammzellen der kleinen Patienten ein, um die für die Erkrankung verantwortliche fehlerhafte Erbinformation zu ersetzen. So konnten die Mediziner das Immunsystem von drei Kindern erfolgreich wiederherstellen, deren Überlebenschancen zuvor gering waren.

Etwa eines von 100.000 Kindern wird mit SCID geboren. In 15 Prozent der Fälle ist die Ursache ein Gendefekt in einer Erbanlage, die für die Produktion eines Enzyms namens Adenosin-Desaminase verantwortlich ist. Fehlt diese Substanz im Knochenmark, wird die Produktion der weißen Blutkörperchen blockiert – und damit die Ausbildung eines funktionsfähigen Immunsystems. In der Folge sterben die betroffenen Babys meist früh an Infektionserkrankungen. Bisher war die einzige Behandlungsmöglichkeit eine kontinuierliche Injektion von Adenosin-Desaminase – eine extrem teure Therapie, die auch nur begrenzt wirksam ist. Alternativ kam eine Knochenmarkstransplantation infrage, um genetisch intakte blutbildende Zellen zu übertragen. Geeignete Spender sind aber oft schwer zu finden.

Bereits vor elf Jahren hatten sich Donald Kohn von der University of California und seine Kollegen zum Ziel gesetzt, Knochenmark-Stammzellen der betroffenen Kinder auf gentechnischem Wege mit der funktionstüchtigen Erbanlage auszustatten. Aus diesen Zellen bilden sich die weißen Blutkörperchen, sie sind damit die Grundlage des Immunsystems. Im Verlauf der Studienzeit ist es den Forschern tatsächlich gelungen, ein erfolgreiches Konzept zu entwickeln. Um die Erbanlage ins Erbgut der Stammzellen einzuschleusen, nutzten sie Retroviren als Gen-Fähren: Sie können ihr eigenes Erbgut in das von Wirtszellen permanent einbauen und sie dadurch zwingen, neue Viren zu produzieren. Die Forscher haben den entsprechenden genetischen Einbaukasten der Viren durch das Gen für Adenosin-Desaminase ersetzt. Mit diesen Gentech-Viren infizierten sie anschließend entnommene Knochenmark-Stammzellen der Kinder im Labor und setzten sie den Kleinen anschließend wieder ein zurück. Zuvor hatten die Patienten eine spezielle Chemotherapie durchlaufen, die das Knochenmark zerstört, um Platz für die genetisch verbesserten Zellen zu schaffen.

Bei drei von sechs Kindern schlug die Therapie an, berichten die Wissenschaftler: Die genetisch aufgerüsteten Knochenmarkzellen konnten sich bei ihnen etablieren und mit dem Aufbau eines nachhaltig funktionsfähigen Immunsystems beginnen. Bei einem der Patienten war SCID im Alter von 10 Monaten diagnostiziert worden. Der Junge hatte mehrere Infektionen durchlaufen und war nicht in der Lage, Gewicht aufzubauen. 2008 nahmen ihn die Forscher in die Gentherapie-Studie auf. Heute ist er ein vitaler Fünfjähriger. ?Man kann sich kaum vorstellen, dass er mal so krank war?, sagt Donald Kohn. Mit weiteren acht Kindern läuft nun die zweite Phase der klinischen Studie. Die bisherigen Ergebnisse seien weiterhin sehr vielversprechend, berichten die Forscher. Sie hoffen, die Therapieform bald vielen kleinen Patienten zugänglich machen zu können.

Donald Kohn (University of California) et al.: Blood, Sept. 11, 2012, advanced online issue. © wissenschaft.de ? Martin Vieweg
Anzeige
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

♦ Elek|tro|chir|ur|gie  auch:  Elek|tro|chi|rur|gie  〈[–çir–] f. 19; unz.〉 operative Eingriffe u. Gewebszerstörungen mithilfe des elektr. Stromes … mehr

Del|ta  〈n. 15; Zeichen: [delta], [Delta]〉 1 vierter Buchstabe des grch. Alphabets 2 〈Math.〉 Symbol für das Dreieck od. die Änderung einer Größe … mehr

♦ Elek|tro|schwei|ßung  〈f. 20〉 Schweißen mithilfe der durch elektr. Strom erzeugten Wärme

♦ Die Buchstabenfolge elek|tr… kann in Fremdwörtern auch elekt|r… getrennt werden.
» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige