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Bin ich das? Oder bin ich das nicht?

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Bin ich das? Oder bin ich das nicht?
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Hier sieht man Inselrinde, präfrontalen Cortex und anterioren cingulären Cortex, die bislang als wichtigste Hirnregionen bei der Selbsterfahrung galten. © Department of Neurology, University of Iowa
Das Ichbewusstsein ist das Ergebnis des Zusammenspiels vieler Hirnteile und nicht das Produkt einzelner Hirnregionen, wie bislang gedacht. Das offenbart nun eine US-Studie, an der ein Patient beteiligt war, der Hirnschäden in allen bisher für das Ichbewusstsein verantwortlich gemachten Arealen hat, und sich trotzdem selbst erkennen kann ? im Spiegel, auf Fotos und im Gespräch.

Selbsterfahrung ist die klare Erkenntnis und Wahrnehmung der eigenen Persönlichkeit mit allen Stärken, Schwächen, Gedanken, Verhaltensweisen, Motivationen und Emotionen. Bislang gingen Neurowissenschaftler davon aus, dass dieses Ichbewusstsein von drei Teilen der Großhirnrinde abhängt: Inselrinde, präfrontaler Cortex und anteriorer cingulärer Cortex. Diese Annahme muss jetzt jedoch überdacht werden, denn die Forscher um Carissa Philippi von der der University of Iowa brachten durch ihre Studie unter Mithilfe des als ?Patient R? bezeichneten Mannes völlig neue Zusammenhänge ans Licht.

Der 57-Jährige hatte einen erheblichen Hirnschaden erlitten. Dabei sind gerade die drei Regionen beschädigt worden, die bisher als die entscheidenden Areale für die Selbsterfahrung galten. Der Patient hat nur noch 10 Prozent des Gewebes der Inselrinde und von dem anterioren cingulären Cortex ist nur noch ein Prozent übrig geblieben. Aus diesem Grund dürfte er sich eigentlich gar nicht mehr selbst erkennen und sich seiner bewusst sein können. Doch der 57-Jährige, den Carissa Philippi und ihr Team seit 2009 untersuchen, bestand alle Tests. Er zeigte alle üblichen Zeichen des Ichbewusstseins: Er erkannte sich im Spiegel und auf Fotos, die während seines Lebens entstanden waren. Auch in Gesprächen mit Philippi zeigte er sich stets ?ichbewusst?. Die einzige Auswirkung des Hirnschadens, die sich bei ?Patient R? bemerkbar macht, ist ein schwerer Gedächtnisschwund. Aus dem Grund kann er kaum neue Erinnerungen speichern. Abgesehen davon zeigten sich aber alle Eigenschaften, welche die Selbsterfahrung auszeichnen, als intakt.

?Was unsere Forschung zeigt, ist dass Selbsterfahrung mit einem Gehirnvorgang übereinstimmt, der nicht auf einzelne Hirnregionen eingegrenzt werden kann?, sagt David Rudrauf, einer der Autoren der Studie. ?Aller Wahrscheinlichkeit nach entwickelt sich das Ichbewusstsein von einem sehr vernetzten Zusammenspiel verschiedener Hirnregionen.? Hirnstamm, Thalamus und posteromedialer Cortex spielen laut den Autoren in dem Zusammenhang ebenfalls eine wichtige Rolle. Coautor Justin Feinstein kommentiert abschließend: ?Es ist offensichtlich: Die Neurowissenschaft fängt gerade erst an zu verstehen, wie das menschliche Gehirn ein so komplexes Phänomen wie die Selbsterfahrung entwickeln kann.?

Carissa Philippi (University of Iowa) et al.: PLOS ONE; doi: 10.1371/journal.pone.0038413 © wissenschaft.de – Gesa Seidel
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