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Tierische Photosynthese

Erde|Umwelt

Tierische Photosynthese
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Bisher galt die Photosynthese, die Herstellung von chemischen Energieträgern durch Licht, als allein den Pflanzen vorbehalten. Doch diesen Grundsatz bringen französische Forscher nun ins Wanken: Ihren Ergebnissen zufolge nutzen Erbsenläuse ein Pigmentsystem aus Carotinoiden zur Gewinnung von Energie aus Licht. Möglicherweise dient diese Energiequelle als Zusatzversorgung, wenn die Insekten keinen Zugang zu Nahrung haben, spekulieren die Wissenschaftler. Um die Blattläuse abschließend als die ersten bekannten photosynthetisch aktiven Tiere zu bestätigen, seien aber noch weitere Untersuchungen nötig, sagen die Forscher um Alain Robichon vom Institut Sophia Agrobiotech in Sophia Antipolis.

Bei Pflanzen nehmen die grünen Chlorophylle Licht-Energie auf und bilden damit die Grundlage für die Photosynthese. Letztendlich wird dabei ein Elektronentransport ausgelöst, der aber keinen Strom erzeugt wie bei einer Solarzelle, sondern chemische Energie: Pflanzen verwandeln die energiearmen Verbindungen Kohlendioxid und Wasser in energiereiche Substanzen, mit denen sie ihren Stoffwechsel betreiben und Biomasse aufbauen. Sie bilden damit auch die Lebensgrundlage der Tiere einschließlich des Menschen, denn jede Kalorie, die wir über das Essen zu uns nehmen, hat einmal eine Pflanze zu Beginn der Nahrungskette aus Sonnenenergie erzeugt.

Den Ergebnissen von Alain Robichon und seinen Kollegen zufolge dienen den Blattläusen keine Chlorophylle zum Einfangen des Sonnenlichts, sondern verwandte Pigmente ? die Carotinoide. Zwar enthalten auch andere Insekten diese Substanzen, sie werden aber durch pflanzliche Nahrung aufgenommen und nicht wie bei den Erbsenläusen selbst produziert. Die Pigmente bilden eine Schicht direkt unter der Körperoberfläche der Insekten ? eine perfekte Position, um Licht einzufangen, sagen die Forscher. Wenn sie den höchsten Gehalt erreichen, bekommen die Tiere eine grüne Farbe. Produzieren sie dagegen wenig, sind sie fast weiß.

Die Analysen von Alain Robichon und seinen Kollegen zeigten, dass die grünen Läuse deutlich mehr Adenosintriphosphat (ATP) bilden als weiße. Diese Substanz ist einer der Schlüssel-Energieträger im Stoffwechsel aller Organismen. Die Rolle des Lichts bei der Bildung des ATP konnten die Wissenschaftler durch Experimente ebenfalls belegen: Im Dunkeln sank der ATP-Gehalt der Läuse, bei Helligkeit stieg er dagegen an. Darüber hinaus ergaben Spektralanalysen von carotinoidhaltigen Extrakten der Insekten weitere Hinweise auf chemische Reaktionen, die durch Licht ausgelöst werden.

Die Forscher vermuten, dass die Läuse im Lauf der Evolution die zur Carotinoidbildung benötigten Gene von Pflanzen erworben und in ihr Erbgut eingebaut haben. Wie groß der damit verbundene Überlebensvorteil ist, bleibt allerdings noch unklar. Eigentlich sind Blattläuse unter normalen Lebensbedingungen sogar mit Energie überversorgt: Sie sind eher an Proteinen in Pflanzensäften interessiert und scheiden deshalb den überflüssigen Zucker in Form von Honigtau aus. Wenn sie allerdings auf Wanderschaft gehen müssen, könnte ihnen die Sonnenenergie einen Vorteil verschaffen, vermuten die Wissenschaftler.

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Alain Robichon (Institut Sophia Agrobiotech in Sophia Antipolis) et al.: Scientific Reports, doi:10.1038/srep00579 © wissenschaft.de ? Martin Vieweg
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