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Warum Schlafmangel manchmal gar nicht so schlecht ist

Erde|Umwelt

Warum Schlafmangel manchmal gar nicht so schlecht ist
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Ein männlicher Strandläufer im Flug. Bild: MPIO, Wolfgang Forstmeier
Je weniger Schlaf, desto mehr Nachkommen ? das gilt jetzt offiziell für männliche Graubruststrandläufer. Eine deutsche Forschergruppe hat die Vögel während der Balzzeit beobachtet und Verblüffendes herausgefunden: Obwohl Schlaf eigentlich als unverzichtbar für die Regeneration des Hirns und der Leistungsfähigkeit gilt, verbrachten einige männliche Vögel über 95 Prozent der Paarungszeit in wachem Zustand. Der Effekt: Die schlaflosen Tiere zeugten mehr Nachkommen als Langschläfer.

Dass Schlaf eben nicht für jeden essenziell ist, konnten Forscher des Max-Planck-Instituts für Ornithologie jetzt an männlichen Graubruststrandläufern (Calidris melanotos) zeigen. Diese leben polygam und kommen hauptsächlich in der arktischen Tundra vor. Die Wissenschaftler um John Lesku untersuchten eine Gruppe der Vögel drei Wochen lang mithilfe von Sensoren und Geräten, die die Bewegungen der Tiere sowie ihre Gehirn- und Muskelaktivität aufzeichneten. So konnten die Forscher ermitteln, wie die männlichen und weiblichen Vögel interagierten und wie oft, wie lange und wie tief sie schliefen. Mit Vaterschaftstests bestimmten die Wissenschaftler anschließend, wie viele Junge ein Männchen jeweils gezeugt hatte.

Die Ergebnisse: Die Männchen, die am wenigsten schliefen, zeugten die meisten Nachkommen. Die Männchen kompensierten die verlorene Ruhezeit allerdings durch einen tieferen Schlaf: „Diejenigen, die am wenigsten schliefen, hatten den tiefsten Schlaf“, sagt Co-Autor Niels Rattenborg. Die Zeit, die ein Männchen insgesamt aktiv war, ist somit ein Indikator für seinen Fortpflanzungserfolg. Weibliche Strandläufer waren im Vergleich zu den Männchen weniger aktiv, sie sind der Kopulation sogar eher abgeneigt. Die Forscher folgern daraus, dass die Beziehung zwischen Aktivität und Fortpflanzung mit dem Konkurrenzverhalten zu tun hat. „Die Männchen müssen ständig Nebenbuhler mittels Territoriumsverteidigung und Zweikämpfen abwehren und gleichzeitig Weibchen durch umfangreiches Balzgehabe überzeugen“, sagt Bart Kempenaers, einer der Autoren der Studie. Durch die langen Tage in der Hohen Arktis sind die Vögel außerdem nicht durch Dunkelheit eingeschränkt. Aus dem Grund konnten einige Männchen 95 Prozent der drei Wochen Paarungszeit aktiv sein. Die Studie zeigt laut den Forschern, dass der Schlafmangel ein evolutionär angepasstes Verhalten ist.

John Lesku (Max-Planck-Institut für Ornithologie) et al.: Science; doi: 10.1126/science.1220939 © wissenschaft.de – Gesa Seidel
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