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Das Rätsel des verschwundenen Staubs

Astronomie|Physik

Das Rätsel des verschwundenen Staubs
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Wo ist sie geblieben? Die dichte Staubscheibe des Sterns TYC 8241 2652 hat sich innerhalb von nur zwei Jahren verflüchtigt. Normalerweise sollte dieser Prozess Millionen von Jahren dauern. (c) Gemini Observatory/AURA artwork by Lynette Cook
Im Jahr 2009 war der sonnenähnliche Stern mit dem etwas sperrigen Namen TYC 8241 2652 1 noch von einer warm glimmenden Staubscheibe umgeben. Nur zwei Jahre später war von dieser Wolke aus feinen Teilchen nichts mehr zu sehen, berichten jetzt Forscher um Carl Melis. Wohin sich der Dunst so plötzlich verzogen hat, ist den Forschern schleierhaft: ?Es ist sehr verwirrend, dass wir keine befriedigende Erklärung dafür haben, was bei diesem Stern passiert ist?, sagt Melis.

Viele junge Sterne sind von Scheiben aus Gas und warmem Staub umgeben. Diese sogenannten Akkretionsscheiben gelten als Geburtsorte der Planeten. Die Sternenbegleiter wachsen nach Meinung der meisten Forscher innerhalb mehrerer Millionen Jahre langsam aus kleinen Verklumpungen heran, die allmählich zu immer größeren Brocken verschmelzen. Gesteinsplaneten brauchen demnach etwa 50 Millionen Jahre, bis sie ausgewachsen sind. Gasplaneten schwellen wahrscheinlich schneller an, weil sie große Gasmengen direkt aus der Scheibe aufsaugen. Ihr Wachstum dauert vermutlich um die zehn Millionen Jahre.

Während des Planetenwachstums entsteht aber auch immer neuer Staub, weil Himmelskörper zusammenkrachen und in Millionen Bruchstücke zerplatzen. Da der Staub das Licht des jungen Sterns absorbiert und als infrarotes Licht wieder abstrahlt, können Astronomen die Staubscheiben mit Infrarot-Teleskopen nachweisen. Die infrarote Strahlung eines jungen Sterns sollte etwa nach zehn Millionen Jahren ihr Maximum erreichen und danach langsam abflauen.

Der Stern TYC 8241 2652 1, den Melis und seine Kollegen unter die Lupe nahmen, hat mit zehn Millionen Jahren gerade das beste Alter für die Beobachtung der Staubscheibe. Tatsächlich zeigten Messungen verschiedener Teleskope zwischen 1983 und 2009, dass die 450 Lichtjahre entfernte Sonne von beträchtlichen Mengen warmen Staubs umgeben war ? und zwar genau in der Region, in der sich im Sonnensystem die Gesteinsplaneten Merkur, Venus, Erde und Mars befinden.

Doch als die Forscher 2010 wieder hinschauten, hatte sich die Wärmestrahlung um ein Drittel reduziert. Ein weiteres Jahr später war die Intensität der infraroten Strahlung noch einmal um den Faktor zehn gesunken. Die Forscher schließen daraus, dass der warme Staub sich verflüchtigt hat. Das stellt sie vor ein großes Rätsel. ?Es ist so ähnlich wie ein Zaubertrick, bei dem Dinge verschwinden. Allerdings sprechen wir hier über genug Staub, um ein inneres Sonnensystem mit Planeten zu füllen. Und dieser Staub ist wirklich weg!?, sagt Melis.

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Als mögliche Erklärung schlagen die Forscher vor, dass Planeten viel schneller wachsen als angenommen. ?Wenn wir eine Art lawinenartiges Wachstum beobachtet haben, dann könnte die Entstehung von Planeten sehr schnell und effizient ablaufen?, sagt Co-Autor Inseok Song. ?Das würde bedeuten, dass Planeten von einem Augenblick auf den anderen entstehen können, wenn die Bedingungen richtig sind.? Die Forscher halten es aber auch für möglich, dass die feinen Teilchen durch die Strahlung des Sterns weggeweht wurden. Allerdings gebe es mit beiden Theorien Probleme.

Derzeit ist das Team ein wenig ratlos. ?Die Messungen zeigen uns, dass wir noch einiges über die Entstehung von Planeten lernen müssen?, sagt Melis. Doch gerade darin liegt der Reiz, sagt Norm Murray, Direktor des Canadian Institute for Theoretical Astrophysics, der nicht an der Studie beteiligt war. ?Die Geschichte der Astronomie zeigt, dass Ereignisse, die nicht vorhergesagt waren und schwer zu erklären sind, der Forschung oft eine neue Richtung geben.?

Carl Melis (University of California, San Diego) et al: Nature, Bd. 487, S. 74, doi:10.1038/nature11210 © wissenschaft.de – Ute Kehse
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