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Wie man als Tintenfisch zum Zug kommt

Erde|Umwelt

Wie man als Tintenfisch zum Zug kommt
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Das Weibchen (F) bekommt nur die Balzfärbung des taktisch täuschenden Männchens (M) zu sehen, während dem Rivalen (A, nicht im Bild) ein typisch weibliches Muster präsentiert wird. Bild: © Culum Brown
Manche Tiere sind unglaublich kreativ, wenn es ums Mogeln geht. Ein spektakuläres Beispiel haben australische Forscher jetzt entdeckt, und zwar bei männlichen Tintenfischen der Art Sepia plangon. Wenn die schlauen Kopffüßer ein paarungsbereites Weibchen erspähen, sich aber ein männlicher Rivale in der Nähe herumtreibt, greifen sie nämlich zu einer höchst ungewöhnlichen Tarnung: Sie färben lediglich die Körperhälfte, die ihrer Angebeteten zugewandt ist, im typischen Balzmuster ? die Hälfte, die der Konkurrent sehen kann, gestalten sie dagegen so, dass sie aussieht wie die eines Weibchens.

Schon lange gelten Sepien als Meister der Tarnung ? und als gewiefte Taktiker, wenn es darum geht, ihre besonderen Fähigkeiten einzusetzen. So ist es etwa bei Riesensepien nicht unüblich, dass sich kleinere, schwächere Männchen als Weibchen tarnen, um sich unbehelligt von ihren dominanten Geschlechtsgenossen einem echten Weibchen nähern zu können. Diese Strategie ist ziemlich erfolgreich, hatten Forscher bereits vor ein paar Jahren nachgewiesen: In zwei von drei Fällen kommen die kleinen Männchen tatsächlich zum Zug und zeugen Nachwuchs.

Halb Mann, halb Frau

Das, was die Australier jetzt bei S. plangon beobachtet haben, ist allerdings noch sehr viel ausgeklügelter. Sie hatten insgesamt 108 verschiedene Gruppen der vor der australischen Ostküste heimischen Tintenfische fotografiert und zusätzlich noch mehrere Gruppen in einem Meerwasseraquarium überwacht. Dabei entdeckten sie immer wieder eine sonderbare Längsteilung bei einzelnen Männchen: Eine Körperhälfte zeigte die für die Balz typischen auffälligen schwarzen Streifen, während die andere ein geschecktes Muster aufwies ? die charakteristische Färbung der Weibchen.

Hinter den Sinn dieser ungewöhnlichen Färbung kamen die Forscher, als sie sich die Umstände genauer ansahen, unter denen die Tintenfische dieses Muster wählten: In allen Fällen befand sich das betreffende Tier genau zwischen einem einzelnen Weibchen und einem einzelnen Männchen, während sich sonst kein Artgenosse in unmittelbarer Nähe aufhielt. Der Tintenfisch richtet sich dabei offenbar sorgfältig so aus, dass das Weibchen nur seine Balzseite und der potenzielle Rivale nur die getarnte Seite zu sehen bekommt.

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Die männlichen Artgenossen scheinen nicht selten auf die Täuschung hereinzufallen, beobachteten die Wissenschaftler: Die getarnten Männchen konnten in vielen Fällen ungestört zur Tat schreiten, ohne dass der Konkurrent überhaupt mitbekam, dass sich ein paarungsbereites Weibchen in der Nähe befand. Offenbar verschaffen sich die Tiere so ausreichend Zeit, um das Weibchen zur Paarung überreden und es ungestört begatten zu können, so die Forscher.

Die Wissenschaftler halten die ausgeklügelte Taktik daher für einen Hinweis auf die hohe Intelligenz der Tiere. Es scheine ihnen klar zu sein, dass sich das Mogeln nur in ganz bestimmten Situation lohnt, schlussfolgert das Team ? schließlich steige die Gefahr einer Entdeckung und damit auch die einer empfindlichen Bestrafung, wenn mehr als ein konkurrierendes Männchen in der Nähe und somit eine ganz exakte Ausrichtung nicht mehr möglich sei. Tatsächlich gab es keinen einzigen Fall, in dem ein Tintenfisch seine Halb-und-halb-Tarnung einsetzte, wenn er sich inmitten einer größeren Gruppe von Artgenossen befand.

Culum Brown (Macquarie University, Sydney) et al.: Journal of the Royal Society: Biology Letters, doi: 10.1098/rsbl.2012.0435 © wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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