Dieses Video zeigt einen Pavian beim „Wort-Quiz“. Credit: Joël Fagot
Dieses Prinzip hatten die sechs Paviane der Wissenschaftler innerhalb von sechs Wochen erlernt und dabei ihre Fähigkeit zur Wort-Erkennung eindeutig demonstriert. Am Ende erreichten die Tiere bei den Experimenten eine Trefferquote von mindestens 75 Prozent, berichtet das Team um Jonathan Grainger vom CNRS Marseille. Der besonders clevere Pavian Dan konnte sogar 308 Wörter von rund 7.000 Zufallsfolgen unterscheiden. Selbst nie zuvor gesehene Wörter ordneten die Tiere häufig richtig zu. Sie unterscheiden sie offenbar anhand der typischen Buchstabenfolgen der englischen Sprache von den Nicht-Wörtern, erklären Grainger und seine Kollegen.
Ein Grundbaustein der menschlichen Lesefähigkeit
Den Forschern zufolge belegen diese Ergebnisse, dass obwohl Paviane keine Sprache besitzen, sie dennoch eine grundlegende Fähigkeit beherrschen, die auch dem Menschen das Lesen ermöglicht: Sie können die Form der Zeichen und ihre Position erfassen und bewerten. So lernten sie, dass bestimmte Buchstabenkombinationen typisch für Wörter sind, andere dagegen nicht, erklären die Wissenschaftler. Ein S, das auf ein V folgt, spricht dabei beispielsweise für ein Nicht-Wort, bei Folgen aus Konsonanten und Vokalen ist die Wahrscheinlichkeit für ein richtiges Wort dagegen hoch.
Dieses statistische Erkennungsprinzip könnten möglicherweise viele Tierarten beherrschen, meinen die Forscher. Sie wollen nun in weiteren Experimenten untersuchen, ob Paviane nicht doch auch zu mehr in der Lage sind: Vielleicht können die Affen den geschriebenen Wörtern ja durchaus Bedeutung zuordnen, also tatsächlich in primitiver Weise lesen. Paviane, die in Shakespeare-Dramen schmökern, seien aber nicht zu erwarten, sagt Grainger.