Daraus schließen Nesvorný und andere Planetenforscher auf eine Phase der Instabilität, etwa 700 Millionen Jahre nachdem das Sonnensystem entstanden war. Während dieser Chaostage verlagerten die Riesenplaneten ihre Bahnen teils drastisch und kamen sich wohl mehrfach gefährlich nahe. Auf ihren Wanderungen warfen sie den größten Teil der Kleinplaneten aus ihrer Bahn, die sich außerhalb der Planetenzone befanden. Ein Teil flog ins innere Sonnensystem und prasselte dort als Meteoritenhagel auf die Gesteinsplaneten und den Mond. Viele wurden aber auch aus dem Sonnensystem hinausgeworfen.
Nesvorný kommt nun zu dem Schluss, dass auch ein Planet zu den Opfern der Unruhen zählte. Seine Simulationsrechnungen lassen darauf schließen, dass es ursprünglich fünf große Planeten gab. Denn bei Modellen, die mit vier Riesenplaneten starten, kommt am Ende fast nie ein realistisches Ergebnis heraus. In fast allen Fällen wird Uranus oder Neptun aus dem Sonnensystem hinausgeschleudert.
In Modellen, in denen es anfangs fünf Riesenplaneten gibt, kommt die richtige End-Konfiguration dagegen wesentlich häufiger heraus, berichtet der Forscher. Die verlorene Welt hatte demnach eine ähnliche Masse wie Uranus. Nesvorný hält es durchaus für möglich, dass sich die Jugend des Sonnensystems tatsächlich so abgespielt hat wie in seiner Simulation. ?Erst kürzlich wurde entdeckt, dass es im interstellaren Raum zahlreiche freischwebende Planeten gibt?, sagt der Forscher. ?Das zeigt, dass der Hinauswurf von Planeten aus ihrem System nichts Ungewöhnliches ist.?
Wo sie sich das Opfer der Geschwisterrangeleien heute befindet, ist unklar: Bei seiner Begegnung mit Jupiter wurde der Planet wohl auf eine Geschwindigkeit von gut 300.000 Kilometer pro Stunde beschleunigt. In knapp vier Milliarden Jahren dürfte er sich erheblich von seiner alten Heimat entfernt haben.