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Nobelpreis für Medizin 2011

Gesundheit|Medizin

Nobelpreis für Medizin 2011
Der diesjährige Nobelpreis für Physiologie oder Medizin geht an die Immunologen Bruce Beutler (USA), Jules Hoffmann (Frankreich) und Ralph Steinman (Kanada). Die Auszeichnung ist mit zehn Millionen schwedischen Kronen (1,088 Mio. Euro) dotiert. Beutler und Hoffmann wurden für die Entdeckung von Hintergründen natürlicher Immunität ausgezeichnet. Der vor wenigen Tagen verstorbene Steinman erhielt den Preis für die Erforschung der Dendritischen Zellen, die das Immunsystem aktivieren. Der Nobelpreis darf eigentlich nur an lebende Forscher vergeben werden, dennoch hat das Komitee Steinman den Preis nun zuerkannt. Mit ihrer Forschung haben die drei Wissenschaftler den Weg für neue Therapieformen zur Bekämpfung von Infektionen, Krebs und Entzündungskrankheiten bereitet, begründete die Jury ihre Entscheidung. Die Arbeit der Forscher ermögliche die Entwicklung besserer Impfstoffe. Darüber hinaus haben die Forschungsergebnisse Einblicke in Vorgänge erbracht, die hinter Krankheiten stecken, bei denen das menschliche Immunsystem den eigenen Körper angreift, so das Komitee.

Jules Hoffmann machte seine großen Entdeckungen an einem winzigen Versuchstier: der Tau-Fliege (Drosophila melanogaster). Im Jahr 1996, konnten er und seine Mitarbeiter entschlüsseln, wie die Insekten Infektionen abwehren. Die stecknadelkopfgroßen Fliegen, die im Sommer gerne unsere Obstkörbe umschwirren, scheinen auf den ersten Blick wenig mit dem Menschen gemeinsam zu haben ? dennoch besitzen sie viele Lebensvorgänge und Erbanlagen, die in ähnlicher Form auch beim Menschen vorkommen. Bei ihrem winzigen Versuchstier erforschten Hoffmann und seine Kollegen die sogenannten Toll-Gene. Mutationen in diesen Erbanlagen bewirkten, dass die Insekten keine Abwehrreaktion gegen Bakterien und Pilze mehr aufbauen konnten. Vorarbeit lieferte bei dieser Forschung eine deutsche Preisträgerin aus dem Jahre 1995: Die Forschung von Christiane Nüsslein-Volhard hatte die Bedeutung der Toll-Gene im Rahmen der Embryonalentwicklung bereits aufgedeckt. Der gebürtige Luxemburger Jules Hoffmann arbeitete an einem Forschungslabor in Straßburg und war 2007 bis 2008 auch Präsident der Französischen Akademie der Wissenschaften.

Der aktuelle Preisträger Bruce Beutler ist einem wichtigen Baustein von Zellen auf die Spur gekommen, an den bestimmte bakterielle Substanzen bei einer Infektion andocken und damit den gefürchteten septischen Schock im Rahmen einer Blutvergiftung auslösen. Beutler und seine Mitarbeiter entdeckten Mäuse, die gegen diesen Effekt immun waren. Sie fanden heraus, dass diese Widerstandskraft auf der Mutation eines Gens beruht, das sehr ähnlich dem Toll-Gen der Fruchtfliege ist. Schließlich entdeckten sie den Schlüssel-Baustein, den Toll-like-Rezeptor 4 als verantwortliche Andockstelle für die bakteriellen Substanzen, den sogenannten Lipopolysacchariden. Diese langen Ketten aus fettähnlichen (Lipo-) Bestandteilen und Zuckern (Saccharide) führen also im Zusammenhang mit dem Toll-like-Rezeptor 4 des befallenen Organismus zu der berüchtigten Entzündungsreaktion und zum septischen Schock, der vielen Menschen das Leben kostet. Beutler arbeitet seit dem Jahr 2000 am Scripps Institute in La Jolla in den USA.

Ralph Steinman entdeckte bereits im Jahr 1973 die Dendritischen Zellen als die Drahtzieher der Flexibilität des Immunsystems. Er und seine Kollegen konnten aufdecken, wie die Dendritischen Zellen durch den Organismus patrouillieren und Fremdartiges, Antigene von Krankheitserregern, aufnehmen und in kleine Bruchstücke zerlegen. Sie können sie dann dem Immunsystem als Feindbild präsentieren. Sie aktivieren dadurch die B- oder T-Zellen des Immunsystems, die nun weitere Abwehrreaktion koordinieren. Steinman sind ebenfalls Erkenntnisse über Vorgänge zu verdanken, die Abwehrreaktionen dämpfen, damit sie sich nicht gegen das eigene Gewebe des Körpers richten. Steinman arbeitete an der Rockefeller University in New York und war dort auch Direktor des Zentrums für Immunologie und Immunerkrankungen. Letzten Freitag erlag er einer Krebserkrankung. Obwohl der Nobelpreis eigentlich nur an lebende Wissenschaftler vergeben wird, hat das Komitee in einer Mitteilung verkündet, dass dem Kanadier dennoch der Nobelpreis zuerkannt wird.

Mitteilung des Karolinska-Instituts, Stockholm wissenschaft.de – Martin Vieweg Zentrale Veröffentlichungen der geehrten Wissenschaftler: Poltorak A, He X, Smirnova I, Liu MY, Van Huffel C, Du X, Birdwell D, Alejos E, Silva M, Galanos C, Freudenberg M, Ricciardi-Castagnoli P, Layton B, Beutler B. Defective LPS signaling in C3H/HeJ and C57BL/10ScCr mice: Mutations in Tlr4 gene. Science 1998;282:2085-2088. Lemaitre B, Nicolas E, Michaut L, Reichhart JM, Hoffmann JA. The dorsoventral regulatory gene cassette spätzle/Toll/cactus controls the potent antifungal response in drosophila adults. Cell 1996;86:973-983. Steinman RM, Cohn ZA. Identification of a novel cell type in peripheral lymphoid organs of mice. J Exp Med 1973;137:1142-1162. Steinman RM, Witmer MD. Lymphoid dendritic cells are potent stimulators of the primary mixed leukocyte reaction in mice. Proc Natl Acad Sci USA 1978;75:5132-5136. Schuler G, Steinman RM. Murine epidermal Langerhans cells mature into potent immunostimulatory dendritic cells in vitro. J Exp Med 1985;161:526-546.
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