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Frischwasser im Jurameer

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Frischwasser im Jurameer
Rätselhafte Kälteeinbrüche im schwül-warmen Erdmittelalter könnten durch den Niedergang der damaligen Riff-Lebensgemeinschaften ausgelöst worden sein. Eine Kältewelle vor 160 Millionen Jahren ereignete sich genau zur gleichen Zeit, als auch die Riffe schrumpften, berichten Forscher um Yannick Donnadieu. Mit einem Klimamodell zeigen sie, dass es damals zu einem fatalen Teufelskreis kam: Nach dem Riff-Sterben saugten die Ozeane wahrscheinlich große Mengen Kohlendioxid aus der Atmosphäre auf. Dadurch sanken die Temperaturen um vier bis neun Grad, und der Meeresspiegel sank um bis zu 40 Meter ? was den Riffen weiter zusetzte.

Während der Erdgeschichte gab es mehrere kühle Zeitalter, die oft viele Millionen Jahre dauerten. Als Ursachen gelten meist einmalige Ereignisse wie das Erscheinen der Landpflanzen oder das Zerbrechen von Superkontinenten. Dadurch geriet der Kohlenstoff-Kreislauf langfristig aus dem Gleichgewicht: Die ersten Landpflanzen etwa entfernten durch die Photosynthese CO2 aus der Atmosphäre. Auch beim Zerbrechen von Kontinenten wurde Kohlendioxid für die Verwitterung von Gesteinen verbraucht. Einige kürzere Kälteeinbrüche in der Treibhauswelt des Erdmittelalters geben Klimaforschern aber Rätsel auf. Sie dauerten nur eine Million Jahre und sind durch die üblichen Mechanismen nicht zu erklären.

Donnadieu und seine Kollegen untersuchten daher jetzt, ob die Riffe etwas mit einem Kälteeinbruch vor 160 Millionen Jahren während des Erdzeitalters Jura zu tun gehabt haben könnten. Der Ur-Ozean Tethys bedeckte damals große Teile von Europa. Auch Deutschland war von einem flachen Tropenmeer bedeckt, in dem es riesige Riffe aus Karbonatmineralien gab ? Überreste sind etwa die Schwäbische und die Fränkische Alb. Die Baumeister dieser Riffe waren vor allem Schwämme und Mikroben, nicht Korallen wie heute.

Doch vor 160 Millionen Jahren dezimierten sich die Riffe in den Subtropen. Schließlich wurde auch in den Tropen kein Kalk mehr abgelagert, wie geologische Daten zeigen. Andere Daten belegen, dass gleichzeitig die Temperaturen sanken. Mit einem Klimamodell, das auch den Kohlenstoff-Zyklus einbezieht, zeigen die Forscher um Donnadieu, dass das Riff-Sterben die Ursache der Abkühlung gewesen sein könnte. Es senkte den Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre von 700 Teilen pro Million (700 ppm, etwas mehr als das Doppelte des heutigen Wertes von 390 ppm) auf 200 ppm ab.

Der Untergang der Riffe veränderte demnach das chemische Gleichgewicht in den Ozeanen, so dass das Wasser wesentlich mehr Kohlendioxid aufnehmen konnte als vorher. Es saugte das Treibhausgas förmlich aus der Luft. In dem Modell der Forscher sanken die Temperaturen daraufhin so stark ab, dass sich auf der Nordhemisphäre eine kleine Eiskappe bildete. Der Meeresspiegel sank um bis zu 40 Meter, was die Riffe weiter dezimierte. Als die Riffe wieder zu wachsen begannen, stiegen auch die Temperaturen schnell wieder an.

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Darüber, welche anfängliche Ursache das Riffsterben hatte, können die Forscher nur spekulieren. Ihrer Meinung nach könnte allerdings eine kleine Störung ausgereicht haben, um den Teufelskreis in Gang zu setzen.

Yannick Donnadieu (CEA‐CNRS‐UVSQ, Gif‐sur‐Y vette, Frankreich) et al.: Paleoceanography, Bd. 26, PA3212, doi:10.1029/2010PA002100, 2011 wissenschaft.de – Ute Kehse
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