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Kleine Beute bevorzugt

Erde|Umwelt

Kleine Beute bevorzugt
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Frontalsicht des Beutelwolfschädels. Foto: Marie Attard
Freispruch für die Beutelwölfe: Die zu den Beuteltieren zählenden Räuber haben wohl nur kleine und wendige Tiere gejagt, wie Opossums. Schafe können dagegen nicht zu ihren Beutetieren gezählt haben, denn um sie zu reißen, war der Kiefer der Beutelwölfe zu schwach, haben australische Forscher herausgefunden. In einer Studie simulierten sie das Jagd- und Beißverhalten der Tiere, die schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Jägern ausgerottet wurden, am Computer. Begründung für die Jagd auf die Tiere war damals vor allem ihr angeblicher Appetit auf Schafe.

Der Beutelwolf war einst das größte fleischfressende Beuteltier. Diese Tiere verdanken ihren Namen ihrer ungewöhnlichen Fortpflanzungsstrategie: Sie gebären ihre Jungen recht früh und in einem embryoartigen Stadium gebären und lassen sie anschließend in einem Beutel am Körper der Mutter weiter heranwachsen. Der Beutelwolf bewohnte bis zum Beginn des 20. Jahrhundert den gesamten australischen Kontinent. Durch die Besiedlung des Kontinents durch die Europäer musste der wolfsähnliche Räuber dann aber mit einem eingeschränkten Lebensraum und dem Rückgang seiner Beutetiere zurecht kommen.

Das hing einerseits mit einer zunehmenden Konkurrenz durch andere Fleischfresser zusammen. Andererseits wurde der Beutelwolf aber auch beschuldig, Schafe zu töten, woraufhin Jäger Kopfgelder für das Töten der Beuteltiere bekamen. Das war wohl einer der Hauptgründe für das Aussterben des einstigen Räubers, wie das Team der University of New South Wales erläutert.
Schutzmaßnahmen, um die Art zu retten, ergriff die damalige Regierung trotz des offensichtlichen Rückgangs des Beutelwolfs nicht. Das letzte Individuum seiner Art starb schließlich am siebten September 1936 im Zoo von Hobart, Australien.

Doch der Beutelwolf wurde fälschlich als Schafsjäger beschuldigt, wie die rechnerbasierte Studie der Biomechanik-Forschergruppe nun zeigte. Denn der Kiefer des Beuteltiers war den Ergebnissen zufolge viel zu schwach, um Schafe töten zu können. Die Beute der Beutelwölfe kann daher nicht größer gewesen sein als ein Opossum, meinen die Wissenschaftler.
Mit Hilfe moderner Computertechniken hatte das Forscherteam zunächst die strukturellen Schädeleigenschaften des Beutelwolfs mit denen seiner noch lebenden nahen Verwandten, dem Tasmanischen Teufel und dem Fleckschwanzbeutelmarder, verglichen.

Das Ergebnis: Die drei Tiere wiesen Unterschiede in der Aufteilung und Größe verschiedener Knochen im Schädel auf. So ist beispielsweise die Schnauze des Beutelwolfs im Vergleich relativ lang. Die Differenzen könnten laut den Wissenschaftlern eine Erklärung für die unterschiedliche Verteilung und das Ausmaß der Belastung der Knochen sein, die beim Reißen der Beute entsteht.

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Anschließend simulierten die Forscher verschiedene Jagdverhaltensmuster am Computer. Sie beinhalteten Beiß-, Reiß- und Ziehmethoden beim Töten der Beute. Dabei musste der Schädel des Beutelwolfs hohen Belastungen stand halten, wie sich zeigte. Die Forscher stellten am Zustand der Zähne des Beutelwolfs fest, dass er nicht in der Lage war Knochen zu brechen oder Tiere mitsamt Knochen und Fell zu fressen, im Gegensatz zu seinem noch lebendem Artgenossen, dem Tasmanischen Teufel. Das liege wohl an der langen Schnauze des Beutelwolfs, vermuten die Forscher.

?Unsere Forschung hat gezeigt, dass der eher schwache Kiefer des Beutelwolfs ihn darauf begrenzte, kleinere, wendigere Beute zu jagen?, sagt Hauptautorin Marie Attard. Dabei handelte es sich um Nasenbeutler, Wallabies und Opossums, aber keine Schafe. Die lange Schnauze habe ihm vermutlich erlaubt, größere Kräfte mit seinen Eckzähnen zu erzielen, was eine wesentliche Eigenschaft von Räubern sei, die auf relativ kleine und wendige Beute spezialisiert sind.

Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass der Beutelwolf nicht gut genug dafür gerüstet war, große Beute zu erlegen – eine Einschränkung, die seinen Speiseplan stark begrenzte. Das könnte neben den Tötungsaktionen der Kopfgeldjäger ein weiterer Grund für sein Aussterben gewesen sein, vermuten die Forscher. Denn er konnte dem zunehmenden Konkurrenzkampf wohl nicht standhalten, der durch den Anstieg von fleischfressenden Beuteltieren entstand.

Die Forscher wollen nun weitere Vergleiche von Arten dazu nutzen, um Vorhersagen über das Ergebnis von Konkurrenzkämpfen treffen zu können.

Marie Attard (University of New South Wales) et al.: Journal of Zoology, doi: 10.1111/j.1469-7998.2011.00844.x wissenschaft.de – Tabea Osthues
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