Aus dieser zeitlichen Überschneidung ergibt sich eine Frage, die schon lange unter Anthropologen diskutiert wird: Haben sich die Menschenformen vermischt? 2010 konnte dies mit einem klaren „Ja“ beantwortet werden, denn es ist Wissenschaftlern gelungen, das Erbguts des Neandertalers und auch des Denisova-Menschen aus DNA-Resten in Fossilen Knochen zu rekonstruieren. Vergleiche zeigten dann, dass Vermischungen der archaischen Menschenformen mit dem modernen Menschen stattgefunden haben müssen. Manche Menschen tragen demnach bis zu vier Prozent Neandertaler-Erbgut beziehungsweise bis zu sechs Prozent aus dem Erbe des Denisova-Menschen.
Im Rahmen der aktuellen Studie blickten die Forscher nun gezielt auf Gene, von denen bekannt ist, dass sie eine wichtige Funktion im Immunsystem erfüllen: den HLA-Genen. Sie sind beispielsweise entscheidend dafür, dass die körpereigene Abwehr zwischen eigenem und fremdem Gewebe unterscheiden kann. Durch den Vergleich der GEN-Varianten von Neandertaler und Denisova-Mensch mit denen heutiger Bevölkerungsgruppen wurde eine klarE geografische Verteilung dieser Erbanlagen deutlich: Einschlägige Ähnlichkeiten zwischen den Gen-Formen fanden die Wissenschaftler nur bei Menschen außerhalb Afrikas.
Der Befund fügt sich in die derzeitigen Vorstellungen über die Frühgeschichte des Menschen: Erst nach der Auswanderung aus Afrika kam es zu Rendezvous zwischen den unterschiedlichen Menschenformen. Ihre gemeinsamen Nachkommen verbreiteten sich dann weiter über die Erde. Bei diesem Eroberungszug erwies sich das Erbe aus den Kreuzungen offenbar als stärkend für die Widerstandskraft und blieb deshalb im Genom verankert. „Die steinzeitliche Liaison bereicherte den Genpool des modernen Menschen“, resümiert Peter Parham.