Ein dreiköpfiges Wissenschaftlerteam um Mark Cane von der Columbia University in New York verglich 93 Länder, die von Auswirkungen des Phänomens betroffen sind, mit 82 Ländern, deren Wetter aufgrund ihrer geografischen Lage nicht von El Niño beeinflusst wird. Anhand von Daten aus den Jahren 1950 bis 2004 ermittelten sie zunächst ein weltweites Konfliktrisiko. Laut den Forschern liegt die Wahrscheinlichkeit für gewaltauslösende Konflikte in kühleren La-Niña-Jahren bei etwa drei Prozent. In El-Niño-Jahren war das Risiko für solche Konflikte doppelt so hoch, es lag bei sechs Prozent. In nicht von den Wetterphänomenen betroffenen Ländern blieb die Zahl der Konflikte in etwa gleich. Würde diese Länder ständig unter Bedingungen leben, wie sie La Niña mit sich bringt, könnte die Zahl der Konflikte um etwa 21 Prozent reduziert werden, errechneten die Forscher – im ausgewerteten Zeitraum entspräche das 48 Konflikten und Kriegen.
Damit haben die Wissenschaftler erstmals einen klaren Hinweis auf einen direkten Zusammenhang zwischen einer globalen Wettererscheinung und der Stabilität moderner Staaten gefunden. Allerdings zeigte sich auch, dass vor allem arme Länder betroffen sind. In politisch und wirtschaftlich stabilen Staaten wie Australien kam es trotz des Einflusses der Wetterveränderungen nicht zu vermehrten Konflikten.
Genau diesen Punkt greift Andrew Solow, tätig für das Marine Policy Center in Massachusetts, in einem Kommentar ebenfalls im Fachmagazin „Nature“ veröffentlichten zu der Untersuchung an: Er vermisse gesellschaftspolitische Informationen, um die verwendeten Daten zu unterfüttern. ?El Niño führt zu wärmeren und trockeneren Bedingungen, die wiederum eine schlechte Ernte verursachen und demzufolge die Verfügbarkeit von Nahrung einschränken?, gibt er zu bedenken.. El Niño sei also nur indirekt der Auslöser für die Konflikte. Allerdings pflichtet er Canes Team in der Vermutung bei, dass einige Konflikte durch El Niño vorzeitig ausbrachen, da sie bereits bestehende Missstände verstärkten. Da El Niño mittlerweile recht zuverlässig vorausgesagt werden kann, könnten in Zukunft entsprechende Vorkehrungen zur Stabilität gefährdeter Staaten getroffen werden.