Überraschenderweise habe es sich bei den Imitatoren trotz sehr verschiedener Muster um ein um dieselbe Art gehandet ? Heliconius numata, eine Unterart der Passionsblumenfalter, entdeckten die Wissenschaftler. Auch das Genmaterial ist nahezu identisch. Es gibt jedoch eine Besonderheit: Ein bestimmter Teil eines der Chromosomen beherbergt ein sogenanntes Supergen, welches das äußere Erscheinungsbild bestimmt. Dabei handelt es sich eigentlich um eine ganze Gruppe von Genen, die aber immer in bestimmten Kombinationen zusammenarbeiten und sich demnach wie ein einzelnes Gen verhalten. Hat beispielsweise das Gen für die Flügelspitzen die Ausprägung ?Schwarz?, legt das Gen für die Innenflächen immer die Farbe ?Rot? fest.
Diese Strategie führt jedoch nicht immer zum Erfolg: Muster, die nicht vor Fressfeinden schützen, also nur schlechte Kopien der angestrebten Färbungen sind, können sich nicht durchsetzen ? ihre Träger werden schlicht gefressen und pflanzen sich nicht weiter fort. Dagegen scheinen sich vor allem drei Muster bei den Passionsblumenfaltern bewährt zu haben, denn die Wissenschaftler fanden drei verschiedene Varianten des Chromosoms, auf dem das Supergen zu finden ist ? jedes mit einer anderen Ausprägung ausgestattet.
?Diese Schmetterlinge sind die Transformer der Insektenwelt?, schwärmt Mathieu Joron vom Muséum National d’Histoire Naturelle in Paris in Anspielung auf die beliebten Spielzeug-Actionfiguren. “Allerdings werden sie nicht im Handumdrehen vom Auto zum Roboter, vielmehr erlaubt ein einziger genetischer Schalter ihnen, mehrere verschiedene Imitationen zu verkörpern ? das ist Stoff für Science Fiction. Und erst jetzt beginnen wir zu verstehen, wie dieser Schalter einen so umfassenden Effekt haben kann.”
Bereits im April 2011 hatte eine Forschergruppe der Universität Liverpool ein ähnliches Phänomen bei Motten beschrieben: Die Falter entwickelten während der industriellen Revolution in England ihre fast schwarze Flügelfarbe ? eine perfekte Tarnung vor rußigen Wänden. Schmetterlinge passen sich also nicht nur Artgenossen an, sondern falls es dem Überleben dient, auch ihrer Umgebung an. Das Fazit der Forscher bringt Richard ffrench-Constant von der Universität in Exeter, Großbritannien, auf den Punkt: ?Dieses Supergen ist wirklich ein evolutionärer Paukenschlag?.