Der Forscher verglich mehrere Studien der vergangenen 160 Jahre, die sich mit den Ursachen und der Häufigkeit von Karies beschäftigten. Während des amerikanischen Bürgerkriegs wurden neue Rekruten auf ihren Gesundheitszustand untersucht und dabei erstmals ein Nord-Süd-Gefälle der Zahnfäule dokumentiert: In Kentucky fehlten nur acht von 1.000 angehenden Soldaten einzelne Zähne, im nördlicher gelegenen New England waren es dagegen 25 von 1.000.
In den 1930er Jahren zog ein Forscherteam dann die Verbindung zwischen geographischer Breite und der damit einhergehenden Sonnenscheindauer pro Jahr. Zähne von jungen Männern im sonnenreichen Westen der USA mit 3.000 Sonnenstunden pro Jahr waren zu 50 Prozent weniger von Karies befallen als ihre Altersgenossen aus dem mit weniger als 2.200 Sonnenstunden gesegneten Nordosten. In den folgenden Jahren bestätigten weitere wissenschaftliche Arbeiten dieses Ergebnis.
Gleichzeitig beschäftigte sich eine Gruppe britischer Wissenschaftler damit, welche Rolle Vitamin D für gesunde Zähne spielt. Anhand von Hunden wiesen sie nach, dass Vitamin D den Zahnschmelz stärkt. Aus dieser Erkenntnis entwickelten die Forscher die Idee, Karies bei Kindern mit Vitamin D zu bekämpfen – mit Erfolg. In den USA führte die gezielte Behandlung mit UVB-Strahlen zu einem ähnlichen Ergebnis.
Spätere Forschungsergebnisse zeigten dann, dass die Cathelicidine – körpereigene antimikrobielle Proteine – Immunzellen helfen, Bakterien abzuwehren und auch bei der Bekämpfung von Karies beteiligt sind. Grant führt nach eigenen Angaben nun erstmals die Ergebnisse all dieser Studien zusammen und kommt zu folgenden Ergebnis: Ist der menschliche Körper mehr Sonne ? und damit mehr UVB-Strahlung – ausgesetzt, bildet er mehr Vitamin D. Vitamin D wiederum regt die Immunzellen an, mehr Cathelicidine zu produzieren, die wiederum Karies verursachende Bakterien abtöten.
Für Menschen, die in Regionen mit geringer Sonneneinstrahlung leben, ist laut Grant die Einnahme von Vitamin D ? oder ein halbstündiges Sonnenbad zur Mittagszeit ? sogar effektiver als das Versetzen von Trinkwasser mit Fluoriden. Ob das so jedoch tatsächlich stimmt, müsste in Studien gezielt untersucht werden, denn Grant ist möglicherweise nicht ganz unvoreingenommen: Er leitet das „Sunlight, Nutrition And Health Research Center“ und hat sich auf die Erforschung positiver Effekte von Vitamin-D-Einnahme und Sonnenbestrahlung spezialisiert. Finanziert wird er unter anderem von der dänischen Sonnenbank-Föderation und einer Interessensgemeinschaft, die sich der Promotion der gesundheitsfördernden Effekte von Vitamin D verschrieben hat.