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Auslese: Was Forscher diese Woche sonst noch entdeckt haben

Erde|Umwelt

Auslese: Was Forscher diese Woche sonst noch entdeckt haben
Diese Woche gab es neue Belege für eine alte These. Es geht dabei um die Erschöpfung, die man nach ausufernder sportlicher Betätigung in den Muskeln spürt. Schon länger argwöhnen Forscher, dass daran nicht allein die zur Neige gehenden Kapazitäten der Muskeln Schuld sind, sondern dass auch das Gehirn dazu beiträgt: Es löst das bleierne Müdigkeitsgefühl als eine Art Notfallprogramm aus, damit sich die Muskeln nicht völlig verausgaben und noch eine Reserve für einen möglichen Notfall bleibt. Sollte das stimmen, müsste der Effekt unter Sauerstoffmangel, wie er in großen Höhen herrscht, stärker ausgeprägt sein als sonst, spekulierten nun britische Forscher. Sie ließen daher Freiwillige ihren Oberschenkelmuskel anspannen, so fest es ging, während sie Luft mit normalem Sauerstoffgehalt von 21 Prozent oder mit einer reduzierten Konzentration von 16, 13 und 10 Prozent einatmeten. Anschließend aktivierten die Wissenschaftler bei den gleichen Probanden unter den gleichen Bedingungen das Gehirn mit Hilfe einer Magnetfeldes so gezielt, dass sie damit ebenfalls ein Anspannend des Oberschenkelmuskels auslösten. Aus der Differenz der jeweils erzeugten Kraft ließ sich dann ablesen, wie stark das Gehirn die Muskelfunktion beeinflusst. Zusätzlich testeten sie ein paar Bergsteiger in über 5.000 Metern Höhe auf dem Mount Everest. Ergebnis: Je geringer der Sauerstoffgehalt der Luft, desto stärker bremste das Nervensystem die Muskulatur aus ? und reagierte damit exakt so, wie es bei einem Notfallsystem zu erwarten wäre. (Stuart Goodall, Brunel University, Uxbridge, et al.: Journal of Applied Physiology, Bd. 109, S. 1842, sowie Beitrag auf dem Jahrestreffen der Physiological Society in Oxford)

Ebenfalls neue Erkenntnisse ? und zwar gleich im Doppelpack ? gab es zur Frage, warum ältere Blutkonserven weniger gut vertragen werden als frische. Offenbar gibt es hier zwei entscheidende Faktoren, haben zwei US-Forscherteams unabhängig voneinander entdeckt: Zum einen zersetzen sich die roten Blutkörperchen mit der Zeit und entlassen ihren roten Farbstoff Hämoglobin sowie diverse andere Inhaltsstoffe in die umgebende Flüssigkeit. Gelangen diese Partikel bei einer Transfusion dann in den Blutkreislauf, reagieren sie heftig mit einem kleinen Molekül namens NO ? Stickstoffmonoxid ? und verringern in Windeseile dessen Konzentration. Das wiederum hat negative Konsequenzen für den Blutfluss, denn NO sorgt unter anderem dafür, dass die Blutgefäße entspannt und geweitet bleiben. Fehlt es, kann das Blut nicht mehr ungehindert fließen ? die Folge kann ein höheres Infektionsrisiko sein, aber auch das Versagen von Nieren, Lunge oder sogar mehrerer Organe gleichzeitig. Zum anderen verlieren gelagerte Blutzellen die Fähigkeit, ein kleines Molekül namens ATP von sich zu geben. Diese Substanz, eigentlich vor allem für ihre Rolle als universelle Energiewährung im Organismus bekannt, fungiert offenbar als eine Art Anti-Haftbeschichtung. Fehlt es nämlich, entwickeln die Blutzellen eine klebrige Konsistenz und neigen dazu, sich nach der Transfusion an die Innenwände der Blutgefäße zu heften. Dadurch verringert sich die Kapazität für den Sauerstofftransport und es können ebenfalls schwerwiegende Komplikationen auftreten. Die neuen Erkenntnisse sollen nun helfen, die Lagerungsbedingungen für Blutkonserven zu optimieren, um diese Defizite zu verhindern. (Chenell Donadee, University of Pittsburgh, et al.: Circulation, Online-Vorabveröffentlichung, doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.110.008698; Timothy McMahon, Duke University, Durham, et al.: Critical Care Medicine, Online-Vorabveröffentlichung)

Vom Blutkreislauf ins All: Die Nachbarschaft der Sonne hat Zuwachs bekommen. Bei den „Neuen“ handelt es sich um zwei Braune Zwerge, mit den wenig eingängigen Namen WISE J0254+0223 und WISE J1741+2553. Solche Objekte werden häufig auch als fehlgeborene Sterne bezeichnet, weil sie eine Sonderstellung zwischen Planeten und Sternen einnehmen: Ihre Masse ist größer als die der bekannten Planeten, reicht jedoch nicht aus, um in ihrem Inneren die Kernfusionsprozesse aufrecht zu erhalten, die Sterne leuchten lässt. Mit einer Entfernung von lediglich 15 und 18 Lichtjahren gehen die beiden neuentdeckten Exemplare dabei durchaus noch als direkte Nachbarn unseres Sonnensystems durch. Entdeckt hat sie ein Team von Astronomen am Leibniz-Institut für Astrophysik in Potsdam bei einer Auswertung von Daten des NASA-Satelliten WISE, wo sie sich durch eine strahlende Helligkeit im Infrarotbereich bei kaum vorhandener Leuchtkraft im sichtbaren Spektralbereich verrieten. Die Zwei gehören zu den kühlsten Vertretern der Braunen Zwerge, die man bisher kennt, sagen die Forscher. Ihre Temperatur liegt vermutlich unterhalb von 230 Grad Celsius und könnte sogar mit der auf der Erdoberfläche vergleichbar sein. Die Astronomen halten es für möglich, dass sich die Nachbarschaft der Sonne in Zukunft noch weiter vergrößern wird ? es sei nämlich nicht ausgeschlossen, dass uns ultrakühle Braune Zwerge in ähnlich großer Zahl umgeben wie Sterne und bisher nur noch nicht entdeckt wurden. ( Mitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik in Potsdam)

Zurück ins menschliche Hirn: Dort vollzieht sich aktuell ein dramatischer Wandel ? und zwar in der Art, wie Menschen lernen und sich erinnern. Verantwortlich dafür ist das Internet, oder genauer gesagt, Suchmaschinen wie Google: Sie werden immer mehr als eine Art externer Speicher genutzt, in den man Informationen auslagern und später wieder hervorholen kann. Gezeigt hat das ein Team amerikanischer Forscher in verschiedenen Experimenten mit interessanten Ergebnissen. So stellte sich schnell heraus, dass junge, interneterfahrene Probanden als erstes an ihren Computer dachten, wenn sie die Antwort auf eine Frage nicht wussten. Zudem neigten sie dazu, sich Zusammenhänge weniger gut zu merken, wenn sie glaubten, sie könnten sie später noch einmal nachschlagen. Und last but not least blieb ihnen besser und länger im Gedächtnis, wo sie eine bestimmte Information abgespeichert hatten als die Information selbst. Zusammengenommen zeigten diese Beobachtungen, dass sich der Umgang mit Informationen rasant verändert ? und dass sich das menschliche Gehirn erstaunlich schnell und gut darauf einstellt. (Betsy Sparrow, Columbia University, New York, et al.: Science, Online-Vorabveröffentlichung, doi: 10.1126/science.1207745)

Zum Schluss noch eine Untersuchung mit Praxiswert ? zumindest für Hobbygärtner. Laut einer Studie israelischer Wissenschaftler haben Blattläuse vom Typ Uroleucon sonchi eine nützliche Strategie entwickelt, um zu verhindern, dass sie versehentlich aufgefressen werden. Nähert sich der Pflanze, auf der sie sitzen, ein hungriges Säugetier, lassen sie sich einfach fallen ? und zwar sobald sie von Ziege oder Kuh angehaucht werden. Offenbar ist es die Kombination aus Wärme und Feuchtigkeit, die die Läuse vorwarnen, sagen die Forscher. Um das zu testen, hatten sie eine Ziege an mehreren Gänsedisteln knabbern lassen, die sie zuvor mit Blattläusen bestückt hatten. Eine Volkszählung vor und nach der Fressattacke zeigte: Mehr als Dreiviertel der Insekten hatten sich rechtzeitig zu Boden fallen lassen. Übrigens braucht es für den Effekt nicht unbedingt eine Ziege im heimischen Garten: Man kann die Läuse auch selbst anhauchen, wie einer der Forscher getestet hat ? die Quote ist dabei fast genauso gut wie bei der Ziege. (Moshe Gish, Universität Haifa, et al.: Naturwissenschaften, Online-Vorabveröffentlichung, doi: 10.1007/s00114-011-0819-7)

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wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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Wissenschaftslexikon

Mus|kel|haut  〈f. 7u; Anat.〉 bindegewebige Hülle, die die Muskelfasern umgibt

S|re  〈f. 19〉 1 chemische Verbindung, die mit Basen Salze bildet, aber dennoch nicht immer sauer schmeckt 2 saurer Geschmack … mehr

Vo|gel|mie|re  〈f. 19; unz.〉 Sternmiere, die als Vogelfutter dient: Stellaria media; Sy Hühnerdarm … mehr

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