Die Forscher führen dafür zahlreiche Beispiele an. Weil es im südlichen Afrika weniger Löwen und Leoparden gibt, konnten sich beispielsweise bestimmte Pavian-Arten stark vermehren. Die Affen kamen stärker in Kontakt mit dem Menschen und übertrugen dadurch zahlreiche Parasiten auf die Bevölkerung. Lachse sind dagegen wichtig dafür, dass sich Flussbetten nicht mit Schlamm zusetzen, weil sie beim Laichen im Boden herumwühlen. Oder Wale: Sie befördern durch ihre Exkremente Kohlenstoff in die Tiefsee und reduzieren so die Menge von Kohlendioxid in der Atmosphäre.
Die Top-Raubtiere kontrollieren durch ihr Fressverhalten ganze Ökosysteme von oben nach unten, schreiben die Autoren. Wenn sie fehlen, ergeben sich häufig drastische Umwälzungen, weil sich Pflanzenfresser so stark ausbreiten, dass die Vegetation leidet. Das Eindringen invasiver Arten wird ebenfalls erleichtert. Oft ergibt sich eine Art Domino-Effekt. Als vor 70 Jahren die Wölfe aus dem Yellowstone-Nationalpark in den USA verschwanden, wurden junge Bäume von den Elchen gnadenlos abgenagt. Unter der Veränderung der Pflanzengemeinschaft litten wiederum die Biber, die kein Baumaterial für ihre Dämme mehr fanden. So veränderte sich schließlich auch die Gewässerökologie.
Bislang sei der Bedeutung der Raubtiere für die Ökosysteme zu wenig Beachtung geschenkt worden, schreiben die Forscher. Einige ökologische Überraschungen der letzten Jahrzehnte seien nicht einfach auf die „Komplexität der Natur“ zurückzuführen, wie es bislang oft hieß. Der Verlust der Top-Prädatoren habe solche bösen Überraschungen ? zum Beispiel Pandemien, den Kollaps mancher Populationen und die Explosion unerwünschter Arten ? zumindest erleichtert.