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Das leistungsfähigste Kraftwerk der Welt

Technik|Digitales

Das leistungsfähigste Kraftwerk der Welt
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Weltrekord: Das Kraftwerk Irsching 4 erreichte soeben einen Wirkungsgrad von 60,75 Prozent.
?Das war der absolute Höhepunkt in meinem bisherigen Arbeitsleben?, kommentierte Willibald Fischer, der zuständige Programm-Manager das, was sich am 11. Mai vor den kritischen Augen des Kunden und des Technischen Überwachungsvereins TÜV Süd ereignete. Zehn Jahre nachdem Siemens den Plan verabschiedete, ein Gaskraftwerk mit mindestens 60 Prozent Wirkungsgrad zu realisieren, wurde der endgültige Beweis dafür erbracht. Die elektrische Nettoleistung des Kraftwerksblocks 4 in Irsching bei Ingolstadt lag beim Rekordversuch bei 578 Megawatt (MW). Mitte Juli wird das Kraftwerk, das im Normalbetrieb bei einer Leistung von 550 MW betrieben wird und in dessen Entwicklung die Siemens AG eine halbe Milliarde Euro gesteckt hat, an den Betreiber E.ON übergeben. Die offizielle Einweihung ist für Mitte September geplant.

?Der Wirkungsgrad von Kohlekraftwerken weltweit beträgt im Mittel 31 Prozent, in Deutschland liegt er bei 38 Prozent?, heißt es im Internetlexikon Wikipedia. Ganz gleich, ob diese Werte nun wirklich exakt errechnet sind oder nur überschlägig ermittelt: Der Vergleich mit dem jetzt in Irsching erreichten Wirkungsgrad ist beeindruckend und offenbart, welche Perspektive selbst fossilbefeuerte Kraftwerke in Sachen Ressourcenschonung und Kohlendioxid-Einsparung bieten.

Dass aus Primärenergie jetzt so hohe Mengen Strom produziert werden können, hat mehrere Ursachen. Die Turbinen ? und da vor allem die Werkstoffe ? werden seit Menschengedenken optimiert. Der Aufwand dafür lohnt sich deshalb, weil die zusätzlichen Investitionskosten für Material und Turbine über die jahrzehntelange Kraftwerkslaufzeit zu deutlich reduzierten Brennstoffkosten führen. ?Über die gesamte Laufzeit gerechnet, gehen zwei Drittel der Kosten eines solchen Kraftwerks auf das Konto des Brennstoffs?, sagt Fischer.

Hauptgrund des jetzt erreichten Wirkungsgradweltrekords ist allerdings die geschickte Kombination einer Gasturbine mit einer Dampfturbine. Diese Form der Stromerzeugung gibt es seit den 1970er-Jahren. Doch noch zu Beginn der 1990er-Jahre lag der Wirkungsgrad lediglich bei rund 50 Prozent. Erst moderne Werkstoff- und Brennkammerforschung machten es möglich, Turbinenschaufeln so auszurüsten, dass sie mit einem auf gut 1.500 Grad Celsius erhitzten Luftgasgemisch betrieben werden können. Das extrem heiße Brenngasgemisch treibt eine Gasturbine, die etwa zwei Drittel der Leistung bringt, mit der der Generator angetrieben wird. Das ausströmende Abgas ist mit 625 Grad Celsius heiß genug, um Wasser zu verdampfen ? das mit 600 Grad und einem Druck von 170 bar in die Dampfturbine eintritt.

Die Kombination einer Gasturbine mit einer Dampfturbine heißt bei Experten GuD-Prozess. Kohlekraftwerke bleiben im Wirkungsgrad hinter erdgasbefeuerten Kraftwerken zurück.

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Erdgasbefeuerte Kombikraftwerke haben noch einen zweiten Vorteil. ?Innerhalb einer halben Stunde können wir das Kraftwerk zur Spitzenleistung hochfahren?, sagt Programm-Manager Fischer und weist darauf hin, dass sich eine derart fixe Regelbarkeit hervorragend dafür eignet, Leistungsabfälle beim künftig immer wichtiger werdenden Windenergiestrom zu kompensieren.

Mit dem erfolgreichen Test ist für Siemens der Weg frei, den Verkauf von 60 Prozent-Kombikraftwerken kräftig voranzutreiben. Ab 2012 werden insgesamt sechs dieser Kraftwerke in Florida in Betrieb gehen, ein weiteres 2013 in Südkorea. Nach Aussagen des Herstellers ist in den kommenden Monaten mit weiteren Vertragsabschlüssen zu rechnen. Die Konkurrenten von Siemens ? der französische Hersteller Alstom, Mitsubishi (Japan) und der US-amerikanische Kraftwerksproduzent General Electric ? haben ein vergleichbar leistungsfähiges Gas-und-Dampfkraftwerk noch nicht in Betrieb genommen. Die Wirkungsgrade dieser Hersteller liegen derzeit bei etwa 59 Prozent.

wissenschaft.de ? Wolfgang Hess
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