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Evolution in der Sauerstoff-Oase

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Evolution in der Sauerstoff-Oase
Die allerersten Tiere lebten in einer lebensfeindlichen Welt fast ohne Sauerstoff. Wieso sie trotzdem nicht erstickten, haben jetzt Forscher um Murray Gingras herausgefunden: Womöglich bildeten Matten aus photosynthetisch aktiven Bakterien kleine Sauerstoff-Oasen im Urmeer, schreiben sie in der Zeitschrift „Nature Geoscience“. Diese könnten Zufluchtsorte und Evolutionslabors für Mehrzeller mit aktivem Stoffwechsel gewesen sein. Der Paläontologe und seine Kollegen entdeckten auf Inselgruppe Los Roques vor der Küste Venezuelas jetzt ähnlich funktionierende Lebensgemeinschaften.

In einigen Lagunen von Los Roques herrschen extreme Bedingungen: Der Salzgehalt im Wasser ist hoch, die Temperaturen steigen bis auf 40 Grad Celsius, der Sauerstoffgehalt ist niedrig. Matten aus Cyanobakterien, auch Blaualgen genannt, bedecken einige der flachen Becken nahezu vollständig. Normalerweise werden solche Biomatten von Wassertieren abgegrast. Doch weil in dem lebensfeindlichen Lagunenwasser keine Fraßfeinde überleben können, gedeihen die Bakterienkolonien prächtig.

Die Biomatten bilden Sauerstoff-Oasen in den unwirtlichen Lagunen: In den Matten ist die Sauerstoffkonzentration viermal so hoch wie im Wasser darüber, fanden die Forscher heraus ? zumindest tagsüber. Wenn die Sonne scheint, produzieren die Blaualgen das für Tiere lebenswichtige Gas per Photosynthese. Das nutzen einige Tiere aus. Direkt am Meeresboden oder unter den Biomatten leben zum Beispiel Insektenlarven und Würmer. Bei Nacht fallen die Insektenlarven in eine Art Winterschlaf, um die Zeit ohne Sauerstoff zu überdauern, schreiben die Forscher.

Gingras und Kollegen vermuten, dass küstennahe Ozeane im Erdzeitalter Ediacarium ganz ähnlich aussahen wie die Lagunen von Los Roques. Das Ediacarium begann vor 635 Millionen Jahren und endete vor 542 Millionen Jahren. Der Sauerstoffgehalt lag damals bei einem Zehntel der heutigen Konzentration. Es gab bereits einfache Lebensformen, zum Beispiel Schwämme und Nesseltiere. Doch erst mit dem Beginn des nachfolgenden Zeitalters Kambrium breiteten sich komplexere Tiere schlagartig auf der Erde aus. Allerdings gab es auch während des Ediacariums schon weiter entwickelte Tiere, zum Beispiel Schnecken. Das zeigen sogenannte Spurenfossilien, also versteinerte Furchen und Gänge, die die Tiere im Meeresboden hinterließen. Wie sie dem Erstickungstod entgingen, war bislang allerdings ein Rätsel.

Die Spuren tauchen häufig zusammen mit versteinerten Biomatten auf. Bislang deuteten Paläontologen das als Hinweis darauf, dass die Urtiere die Mikrobenmatten als Futterquelle nutzten. Gingras und seine Kollegen vermuten dagegen, dass sich die Mehrzeller vor allem wegen des Sauerstoffs auf, in oder unter den Biomatten aufhielten. Ihrer Meinung nach könnten die lokalen Sauerstoff-Anreicherungen einen wichtigen Schritt in der Evolution der Tiere eingeleitet haben: Vielleicht entwickelten Tiere die Fähigkeit, sich fortzubewegen, um zu den Oasen zu gelangen.

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Murray Gingras (University of Alberta, Edmonton) et al.: Nature Geoscience, Online Ausgabe 15. Mai 2011, doi: 10.1038/ngeo1142 wissenschaft.de – Ute Kehse
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