Überrascht waren die Seismologen vor allem von der Stärke des Erdbebens ? nicht nur, weil es in Japan in den vergangenen 400 Jahren wohl kein vergleichbares Ereignis gegeben hat: Bislang nahmen Erdbebenforscher auch an, dass die maximale Magnitude eines Erdbebens vom Alter der beteiligten tektonischen Platten abhängt. Die stärksten Beben auf der Erde treten an sogenannten Subduktionszonen auf, an denen sich eine Ozeanplatte unter eine andere Platte schiebt und anschließend im Erdmantel versinkt. Die bisherige Theorie besagte, dass Erdbeben an einer Subduktionszone umso stärker ausfallen können, je jünger und heißer die Ozeanplatte ist und je schneller sie sich bewegt. Im Japan-Graben, wo verhältnismäßig alte Ozeankruste mit mittlerem Tempo unter Eurasien rückt, rechnete man daher maximal mit Beben der Magnitude acht ? zu Unrecht, wie sich nun zeigte. Auch das Magnitude-9,2-Beben von Sumatra 2004 passt nicht ins bisherige Bild: Dort war die verschluckte Ozeanplatte ebenfalls weder jung noch besonders schnell.
“Wir müssen uns klarmachen, dass praktisch jede Subduktionszone ein Kandidat für ein Magnitude-9-Beben ist”, zitiert das Wissenschaftsmagazin New Scientist den Seismologen Matt Pritchard von der Cornell University im US-Staat New York. Einige Forscher spekulieren, dass ein Unterwasserberg oder andere Strukturen auf der verschluckten Ozeanplatte dafür verantwortlich waren, dass sich eine enorme Spannung aufstaute. Das komplexe Bruchmuster deutet darauf hin, dass das Gestein stellenweise wie ein Klettverschluss aneinander haftete, während es anderswo rutschte wie geschmiert.