Um die Zeit des Anrufs waren wir in der Redaktion gerade damit beschäftigt, unsere Titelgeschichte für das Aprilheft fertig zu machen, das noch bis zum 18. April am Kiosk erhältlich ist. Darin geht es um ein verwandtes Thema: die Rolle, die der Körper ? vor allem der bewegungsfähige Körper eines Tieres oder eines Menschen ? für die Entwicklung intelligenten Verhaltens und des Denkens überhaupt spielt. Folgt man Rolf Pfeifer, dem Züricher Spezialisten für Künstliche Intelligenz, sollte man die Bedeutung des Körpers für den Geist auf keinen Fall unterschätzen. ?Auch bei Kreaturen, die ein Gehirn haben, ist die Intelligenz verteilt?, sagt der Schweizer. ?Sie steckt nicht nur im Gehirn, sondern auch im Bewegungsapparat.?
Schnittstelle zur Welt
Da der Körper unsere Schnittstelle zur Welt darstellt, prägt er das Denken in so erheblichem Maße, dass ohne Körper von Denken gar nicht die Rede sein kann. Das gilt nicht nur von Augenblick zu Augenblick, sondern auch in der zeitlichen Perspektive: Bei jedem Kind entwickeln sich Körper und Geist gemeinsam, und in der Evolution haben sich Körper und Nervensysteme der Tiere untrennbar zusammen entwickelt, die Nerven stets im Dienst des Körpers, seiner Erhaltung und seiner Fortpflanzungsfähigkeit.
Was würde also passieren, würde man wirklich versuchen, den Geist von seinem sterblichen Körper zu trennen und ihn in eine Software hochzuladen? Eine grandiose Fälschung käme dabei heraus, sagte ein Kollege des Futuristen Ray Kurzweil, der Computerforscher und Philosoph David Gelernter, in einem Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin ?Der Spiegel?. ?Jedes Kind erkennt, was daran falsch ist: Wer stirbt, ist tot ? egal ob es dann eine oder eine Million Kopien dessen gibt, was man im Kopf hatte. Das hilft einem nichts, denn man ist ja tot.? Die Idee, das Denken sei eine Software, bei der es egal ist, auf welcher Hardware sie läuft, sei zwar sehr verbreitet, aber lächerlich. ?Der Verstand kann nur auf exakt einer Plattform laufen. Er funktioniert nur in einem einzigen Gehirn? ? in dem, mit dem er aufgewachsen ist.
Ist das das letzte Wort in dieser Angelegenheit? Wird es die Kurzweilsche Singularität niemals geben? Und ist sie für bild der wissenschaft kein Thema, weil sie allzu visionär ist? Keineswegs. Viele der Trends, die der Futurist als Argumente für seine Voraussagen bemüht, faszinieren uns genauso: Die Fortschritte der Alternsforschung und der Verjüngungsmedizin. Die Digitalisierung des Gehirns. Lernende Roboter wie der ebenfalls im Aprilheft von bild der wissenschaft vorgestellte ?iCub?. Aber auch die Möglichkeiten, durch viel Bewegung und einen gesunden Lebensstil lange zu leben und geistig rege zu bleiben ? auch wenn das im Vergleich zur virtuellen Unsterblichkeit recht unspektakulär klingt.