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Leben ohne Luft und Licht

Erde|Umwelt

Leben ohne Luft und Licht
Kieselalgen können ohne Sauerstoff und Licht überleben, indem sie ein in ihren Zellen gespeichertes Salz zur Energiegewinnung nutzen. Das haben deutsche Forscher jetzt entdeckt. Bisher waren solche Überlebensstrategien nur von Bakterien und Pilzen bekannt. Diese verwenden ebenso wie die Kieselalgen stickstoffhaltiges Nitrat für ihren Stoffwechsel im Dunkeln. Zwar sei bereits klar gewesen, dass Algen aufgrund ihrer Fähigkeit zur Photosynthese einer der wichtigsten Sauerstoffproduzenten des Meeres seien, sagen die Forscher. Zumindest Kieselalgen scheinen laut den neuen Ergebnissen durch ihre Fähigkeit, Nitrat zu speichern, darüber hinaus auch noch eine große Bedeutung für den Stickstoffhaushalt der Meere zu haben, schreiben die Wissenschaftler.

Kieselalgen sind zwar nur wenige Hundertstel Millimeter groß, es gibt jedoch so viele von ihnen, dass sie mit Hilfe von Sonnenlicht und Kohlendioxid einen Großteil des Sauerstoffs der Erdatmosphäre produzieren. Zudem sie bauen etwa vierzig Prozent der in den Ozeanen vorhandenen Biomasse auf. Manchmal vermehren sich die Algen sogar so stark, dass es zu einer sogenannten Algenblüte kommt, bei der ein wahrer Algenteppich die Meeresoberfläche bedeckt. Er ist so dicht, dass das Sonnenlicht ihn kaum durchdringen kann, so dass die darunterliegenden Algenschichten einen akuten Licht- und Nährstoffmangel erleiden. Infolgedessen sinken einige Algen zu Boden und gelangen dort in tiefe Schichten ohne Sauerstoff und Licht. Trotzdem können die Kieselalgen dort wochen- oder sogar monatelang überleben, bis sie wieder in das Wasser gespült werden.

Die Wissenschaftler vermuteten, dass dabei das stickstoffhaltige Salz Nitrat eine Schlüsselrolle spielt, das von Kieselalgen in zum Teil erheblichen Mengen gespeichert wird. Um das zu prüfen, kultivierten und untersuchten sie sechs verschieden Kieselalgen-Arten. Dabei fanden sie zwei Dinge heraus: Zum einen überleben die Kieselalgen zwar ohne Licht und Sauerstoff, wachsen aber nicht mehr, und zum anderen überleben sie umso länger, je mehr Nitrat sie gespeichert hatten. Als wahrer Überlebenskünstler erwies sich die kaffeebohnenförmige Kieselalge Amphora coffeaeformis: Sie kam 28 Wochen ohne Sauerstoff und Licht aus.

In weiteren Versuchen mit dieser Kieselalgenvariante konnten die Wissenschaftler zeigen, dass die Alge ausschließlich das in ihren Zellen gespeicherte Nitrat zur Energiegewinnung verwendete – sie betrieb also eine Nitratatmung, wie die Forscher es formulieren. Dabei verbrauchte Amphora coffeaeformis ebenso wie die fünf anderen getesteten Kieselalgen-Arten in den ersten 24 Stunden des Experiments über achtzig Prozent des in ihren Zellen gespeicherten Nitrats.

Studienleiterin Anja Kamp erläutert: „Wir schließen aus dem schnellen Verbrauch von Nitrat und dem Ausbleiben des Zellwachstums, dass die Nitratatmung bei Kieselalgen ein Prozess ist, der lediglich ein Ruhestadium einleitet und nicht über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten wird.“ Da es so viele Kieselalgen in den Ozeanen gibt, die Nitrat speichern und umwandeln, könnten sie einer der wesentlichen Faktoren für den Stickstoffkreislauf der Meere sein, schlussfolgern die Forscher.

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Anja Kamp (Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Bremen) et al: PNAS, doi:10.1073/pnas.1015744108 dapd/wissenschaft.de – Anke Biester
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