Insgesamt mussten die Probanden acht Fragen beantworten, in denen es darum ging, ob sie lieber sofort eine kleine Belohnung oder aber später eine größere Belohnung erhalten würden. Eine der Fragen lautete zum Beispiel: Würden Sie lieber morgen 16 Dollar oder in 35 Tagen 30 Dollar bekommen? Überraschenderweise wurden die Antworten der Teilnehmer vom Füllstand ihrer Blase beeinflusst, zeigte die Auswertung: Probanden mit Druck auf der Blase entschieden sich tendenziell eher für eine spätere, dafür jedoch höhere Belohnung. Es gelang ihnen demnach besser, die Erfüllung eines momentanen Bedürfnisses auf später zu verschieben, folgern die Forscher.
“Man scheint mit einer vollen Blase bessere Entscheidungen zu treffen”, sagt Studienleiterin Mirjam Tuk. Es könnte daher möglicherweise sinnvoll sein, eine Flasche Wasser zu trinken, bevor man eine wichtige Entscheidung etwa über sein Aktiendepot trifft. Für Geschäftsinhaber lohne sich auf der anderen Seite eventuell der Einbau einer Toilette – Kunden mit leerer Blase träfen nämlich offenbar eher impulsive spontane Kaufentscheidungen.
Die Forscher selbst sind von den Ergebnissen etwas überrascht – sie hatten genau den umgekehrten Effekt erwartet. So zeigten viele frühere Forschungsarbeiten, dass Selbstkontrolle offenbar eine begrenzte Ressource ist. Es ist zum Beispiel schwieriger ist, nicht über eine Tüte Chips herzufallen, wenn man sich bereits darauf konzentriert, einem anderen Verlangen zu widerstehen. Tuk ist jedoch der Meinung, dass bei der Blasenkontrolle ein anderer Mechanismus wirkt, weil diese großenteils automatisch und unbewusst abläuft.