Allerdings haben Fledermausforscher bereits mehrfach beobachtet, dass der Speiseplan der Tiere nicht einfach wahllos die Insekten umfasst, die gerade in der Nähe vorbeifliegen. Die Fledermäuse scheinen vielmehr sehr wählerisch zu sein: Sie suchen sich nach Möglichkeit fette Beutetiere heraus. Um das zu bewerkstelligen, müssen sie jedoch ganz gezielt jagen können und irgendwie das allgemeine Nahrungsangebot abschätzen können, schlussfolgerten Klemen Koselj und seine Kollegen. In ihrer aktuellen Studie untersuchten die Forscher vom Max-Planck-Institut in Seewiesen und der Universität Tübingen daher sechs männliche Fledermäuse der Art Große Hufeisennase. Sie hat eine Besonderheit, hatten frühere Studien schon nahegelegt: Die Tiere können mit Hilfe ganz bestimmter, langanhaltender Rufe die Flügelbewegung ihrer Beutetiere wahrnehmen und dadurch offenbar deren Größe abschätzen.
Im Experiment simulierten die Forscher mit Hilfe von zwei verschiedenen Propellern den Flügelschlag eines großen und eines kleinen Beutetieres. Zu Beginn des Versuchs hingen die Fledermäuse an ihrem Jagdsitz und warteten. Ihnen wurden dann in unterschiedlicher Häufigkeit und Anzahl große und kleine Propeller-Beutetiere präsentiert. Dabei zeigte sich, dass die Fledermäuse anhand der Zeitintervalle zwischen dem Präsentieren der Beutetiere deren – scheinbare – Anzahl abschätzten und dementsprechend jagten: Sie wählten vorwiegend oder ausschließlich große Beutetiere, wenn diese häufig angeboten wurden. Für die kleinen Propeller-Beutetiere verließen sie ihren Hochsitz dann nicht. Gab es jedoch wenig große Beutetiere, jagten die Fledermäuse auch die kleineren Tiere.
Dieses Verhalten ergebe durchaus Sinn, betonen die Forscher: Wenn viele große Beutetiere verfügbar sind, bestünde die Gefahr, dass die Fledermaus bei einem Jagdflug auf ein kleines Beutetier die fette Beute verpasst. Da die Fledermäuse im Flug viel mehr Energie verbrauchen als im Hängen, lohne es sich für sie demnach, erst einmal das Angebot abzuschätzen und erst danach ihre Jagd zu starten.