Um nun zu untersuchen, ob Osteocalcin auch einen Einfluss auf die Gonaden, also die Eierstöcke und die Hoden hat, untersuchten die Forscher sowohl Mäuse als auch diverse Zellkulturen. Das Ergebnis: Männliche Mäuse, die unter Osteocalcin-Mangel litten, produzierten weniger vom männlichen Geschlechtshormon Testosteron, das einen großen Einfluss auf die Fruchtbarkeit der Tiere hat. Dementsprechend sank die Anzahl ihrer Spermien, und die Mäuse zeugten auch weniger Nachkommen. Umgekehrt waren männliche Mäuse mit Osteocalcin-Überschuss besonders fruchtbar. Das Knochen-Hormon wirkt dabei offenbar direkt auf die Zellen im Hoden ein, die das Testosteron produzieren, denn diese besitzen eine maßgeschneiderte Andockstelle für Osteocalcin, konnten die Wissenschaftler nachweisen.
Interessanterweise hatte das Osteocalcin keinen Einfluss auf die Fruchtbarkeit von weiblichen Mäusen. Das fanden die Wissenschaftler umso bemerkenswerter, als dass umgekehrt der Einfluss der weiblichen Geschlechtshormone und damit der Keimdrüsen bei weiblichen Tieren und bei Frauen stärker ist als bei Männern: Sinkt mit der Menopause nämlich der Östrogenspiegel im Blut, sinkt auch die Knochendichte und damit steigt das Risiko für eine Osteoporose.
Da das Hormon Osteocalcin auch im menschlichen Körper verkommt, vermuten Karsenty und seine Kollegen, dass einige Formen von Unfruchtbarkeit bei Männern auf einen Osteocalcin-Mangel zurückzuführen sein könnten. Da sie den Angriffspunkt des Hormons identifizieren konnten, ließe sich dieser Zusammenhang zum einen leicht nachprüfen. Zum anderen stünden dadurch auch die Chancen relativ gut, einen Wirkstoff zu finden, der in diesen Prozess eingreifen und die Fruchtbarkeit wiederherstellen könnte, glauben die Wissenschaftler.