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Geschmacksache: Moral

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Geschmacksache: Moral
Der Geschmackssinn hat in moralischen Fragen offenbar ein Wörtchen mitzureden: Wie die Beurteilung eines anderen Menschen oder seines Verhaltens ausfällt, hängt nämlich auch davon ab, welchen Geschmack man gerade auf der Zunge hat. Das hat ein Forscherteam um Kendall Eskine von der City University of New York in einer Studie beobachtet. So führt ein bitterer Geschmack im Mund zu strengeren moralischen Urteilen als ein süßer oder neutraler, und die abstoßende Note eines bitteren Getränks geht mit einem Gefühl moralischen Ekels einher. Die Ergebnisse untermauern die bereits früher aufgestellte These, dass ein Zusammenhang zwischen Sinneseindrücken und moralischen Wertvorstellungen besteht.

Teilnehmer der Studie waren 57 Studenten – 41 Frauen und 16 Männer -, die in drei Gruppen eingeteilt wurden. Alle Probanden hatten die Aufgabe, kurze Berichte über verschiedene moralische Grenzüberschreitungen zu beurteilen. In den Texten ging es zum Beispiel darum, dass ein Mann seinen toten Hund aß oder dass zwei Cousins zweiten Grades Inzest miteinander begingen. Jede Schilderung sollte auf einer Skala von „überhaupt nicht moralisch falsch“ bis „extrem moralisch falsch“ beurteilt werden. Der Unterschied zwischen den drei Gruppen bestand lediglich darin, dass die Probanden während der Bewertung unterschiedliche Geschmacksrichtungen auf der Zunge hatten: Die Teilnehmer aus der ersten Gruppe erhielten vor und während der Aufgabe ein sehr süßes Getränk, die Teilnehmer aus der zweiten Gruppe bekamen ein bitteres Gebräu und der dritten Gruppe wurde als neutrales Getränk Wasser serviert.

Wenn die Studenten ein bitteres Getränk erhielten, fielen ihre moralischen Urteile deutlich härter aus als bei einem süßen oder neutralen Getränk, zeigte die Auswertung. Zudem ließ sich die Härte der moralischen Urteile zumindest teilweise durch den empfundenen physischen Ekel erklären. „Dies zeigt, dass körperlicher Ekel auch zu moralischem Ekel führt“, schlussfolgern die Forscher. Die Ergebnisse bestätigen die schon früher geäußerte Vermutung, dass Geschmacksempfindungen moralische Urteile beeinflussen können. Ähnliches wurde bereits für Geruchswahrnehmungen gezeigt. So führt beispielsweise ein ekelerregender Toiletten-Geruch zu strengeren moralischen Urteilen. Die aktuelle Studie sei daher ein weiterer Beleg für Richtigkeit der Vorstellung, dass abstrakte Konzepte wie Moral eng mit körperlich-sensorischen Erfahrungen zusammenhängen, schreiben Eskine und sein Team.

Die Ergebnisse könnten auch für die Praxis relevant sein, geben die Forscher zu bedenken. So stelle sich zum Beispiel die Frage, ob Richter vor der Urteilsfindung sehr bittere oder sehr süße Nahrungsmittel meiden sollten oder ob sich politische Einstellungen durch eine bestimmte Ernährungsweise verändern lassen.

Kendall Eskine (City University of New York) et al: Psychological Science, doi: 10.1177/0956797611398497 dapd/wissenschaft.de – Christine Amrhein
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