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Gestatten: die kleinsten Bauern der Welt

Erde|Umwelt

Gestatten: die kleinsten Bauern der Welt
Selbst einzellige Lebewesen können eine einfache Art von Landwirtschaft betreiben: Der Schleimpilz Dictyostelium discoideum lagert in Zeiten mit üppigem Nahrungsangebot sein Lieblingsfutter, eine bestimmte Bakterienart, regelrecht ein und sät sie wieder aus, wenn Not am Mann ist. Damit kann der Schleimpilz für die kommende Zellgenerationen auch in Gebieten, in denen es kein ausreichendes Nahrungsangebot gibt, neues Futter heranwachsen lassen. Diese rudimentäre Form von Landwirtschaft ist zugleich das erste bekannte Beispiel einer Lebensgemeinschaft zwischen einem amöbenartigen Schleimpilz und Bakterien, die beiden Partnern zugutekommt, schreiben die Wissenschaftler.

Der Schleimpilz Dictyostelium discoideum fristet normalerweise ein Singledasein: Er lebt als amöbenähnlicher Einzeller in Waldböden und ernährt sich von Bakterien. Unter optimalen Bedingungen vermehren sich die Zellen, indem sie sich in der Mitte teilen. Ganz anders in Notzeiten: Bei Nahrungsmangel rotten sich Tausende von Schleimpilzzellen zusammen und formieren sich zu einer stecknadelförmigen Struktur, dem sogenannten Fruchtkörper. Die Zellen am Kopf des Fruchtkörpers verwandeln sich in Sporen, die in der Lage sind, später wieder als Einzeller auszukeimen.

Für die aktuelle Studie sammelten die Forscher um Brock nun 35 Dictyostelium-Zellkolonien aus Bodenproben von zwei Forschungsstationen in Virginia und Minnesota. Sie konnten beobachten, dass einige der Fruchtkörper am Kopf neben den Sporen auch Bakterien enthielten: Tupften sie den Inhalt der Fruchtkörperköpfe auf einen Nährstoffboden, wuchsen in 36 Prozent der Fälle neue Bakterienkolonien heran. Auch als die Forscher die Schleimpilzkolonien – angeregt durch Licht – zu einer bakterienfreien Stelle wandern ließen, bildeten sich dort hinterher neue Bakterienkolonien.

Offenbar lagerten die Schleimpilze die Bakterien nach dem Ernten im Fruchtkörper ein, um sie in schlechten Zeiten an einem anderen Ort wieder aussäen und so erneut ernten zu können, interpretieren die Forscher ihre Beobachtung. Dadurch können sie für die nachwachsenden Zellgenerationen neue Bakterienkolonien an Stellen heranzüchten, an denen es keine Nahrung gibt. Die Bakterien wiederum profitieren von diesem System, weil sie so Gebiete erobern können, die sie ohne die Schleimpilze gar nicht erreicht hätten.

Bisher ist ein derartiges landwirtschaftliches Gebaren nur von einigen wenigen staatenbildenden Insekten bekannt, erläutern die Forscher. Dass es sowohl in diesen Fällen als auch beim Schleimpilz sozial lebende Organismen sind, die derart vorausschauend mit ihren Ressourcen umgehen, ist ihrer Ansicht nach kein Zufall: Soziale Arten seien ungewöhnlich gut strukturiert, und das Säen und Ernten der eigenen Nahrung bringt ja nicht nur ihnen, sondern auch vielen nachfolgenden Generationen Vorteile.

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Debra Brock (Rice University, Houston) et al: Nature, doi: 10.1038/nature09668 dapd/wissenschaft.de – Peggy Freede
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