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Der Teflon-Biofilm

Erde|Umwelt

Der Teflon-Biofilm
US-Forscher haben das Geheimnis der gefürchteten Biofilme gelüftet, die unter anderem für hartnäckige Infektionen verantwortlich sind: Die schleimartige Schicht, mit der sich die Bakterienkolonien im Biofilm umgeben, wirkt wie eine äußerst effektive Anti-Haft-Beschichtung, die neben Wasser auch Lösungsmittel wie Alkohol oder Aceton abperlen lässt. Gezeigt haben die Wissenschaftler das an Kolonien des Heubazillus (Bacillus subtilis). Diese bisher unbekannte Fähigkeit der Mikroorganismen erklärt, warum nahezu alle bisher getesteten antimikrobiellen Substanzen an Biofilmen scheitern: Da sie auf der Oberfläche abperlen, dringen sie schlicht nicht bis zu den einzelnen Bakterienzellen durch und können diese demnach auch nicht abtöten, sagt das Team um Alexander Epstein von der Harvard-Universität. Die neue Entdeckung könnte nun helfen, dieses Problem zu lösen. Zudem könnten die einzigartigen Eigenschaften der Heubazillus-Biofilme ein Vorbild bei der Entwicklung von neuartigen Schutzbeschichtungen sein, schreiben die Forscher.

Die meisten Bakterienkolonien bilden Biofilme, um sich zu schützen. Das kann zum Problem werden, wenn solche Filme in Klimaanlagen oder Wasserrohren entstehen und potenziell krankmachende Bakterien auf diese Weise in die Luft oder ins Trinkwasser gelangen. Auch die Besiedelung medizinischer Implantate oder Katheter ist eine wachsende Bedrohung in Krankenhäusern und fordert jetzt schon jedes Jahr viele Todesopfer. Als die US-Forscher nun jedoch einen Biofilm des Heubazillus genauer untersuchen wollten, stießen sie auf unerwartete Schwierigkeiten.

Um seine Struktur zu erkunden, versuchten sie, ihn mit Flüssigkeiten wie Ethanol und Aceton sozusagen einzuweichen, damit sie das Innenleben des Biofilms – die eigentliche Bakterienkolonie – sichtbar machen konnten. Normalerweise dringen Ethanol und Aceton leicht in eine Oberfläche ein. „Zu unserer Überraschung funktionierte das aber bei den Kolonien des Heubazillus nicht“, erklärt Epstein. Die Flüssigkeiten blieben an der Oberfläche – sie perlten regelrecht ab.

Aus der Natur sind bereits einige Beispiele von wasserabweisenden Oberflächen bekannt, etwa bei der Lotosblüte. Allerdings wusste man bisher von keinem natürlichen System, das ein derart breites Spektrum an Flüssigkeiten abweisen kann. Zwar ist es möglich, solche Oberflächen künstlich herzustellen, damit ist jedoch ein erheblicher finanzieller und technischer Aufwand verbunden. Mit einem bakteriellen Biofilm kann eine flüssigkeitsabweisende Oberfläche dagegen auf einfachste Art verwirklicht werden. Eingesetzt werden könnten solche künstlichen Biofilme zum Beispiel in der Landwirtschaft, wo sie Pflanzenwurzeln vor Schädlingen schützen könnten.

Umgekehrt klärt die Entdeckung jedoch auch die Frage, warum viele Bakterien gegen eine ganze Reihe von Bioziden und Antibiotika immun sind: Die meisten antimikrobiellen Wirkstoffe greifen in irgendeiner Weise in den Stoffwechsel der Bakterienzellen ein und verhindern so entweder, dass sie sich weitervermehren kann oder töten sie ab. Wenn die Substanzen jedoch schon an der Oberfläche des Films gestoppt werden, können sie gar nicht anfangen, zu arbeiten, sagen die Forscher.

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Entwickelt hat sich die Anti-Haft-Wirkung des Biofilms bei Bacillus subtilis vermutlich als Schutz vor dessen natürlichen Lebensbedingungen, glauben sie. Normalerweise kommen die Bakterien in den oberen Schichten des Bodens vor. Wegen der wechselnden Bedingungen dort sind sie aber ständigen Stress- und Hungersituationen sowie dem Einfluss von im Wasser gelösten Schwermetallen und anderen Schadstoffen ausgesetzt. Die Forscher wollen jetzt genauer ergründen, was den Biofilm so effektiv macht und ob auch die Biofilme anderer Bakterien die gleichen Eigenschaften besitzen.

Alexander Epstein (Harvard University, Boston) et al.: PNAS, doi: 10.1073/pnas.1011033108 dapd/wissenschaft.de ? Hans Groth
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