Um seine Struktur zu erkunden, versuchten sie, ihn mit Flüssigkeiten wie Ethanol und Aceton sozusagen einzuweichen, damit sie das Innenleben des Biofilms – die eigentliche Bakterienkolonie – sichtbar machen konnten. Normalerweise dringen Ethanol und Aceton leicht in eine Oberfläche ein. „Zu unserer Überraschung funktionierte das aber bei den Kolonien des Heubazillus nicht“, erklärt Epstein. Die Flüssigkeiten blieben an der Oberfläche – sie perlten regelrecht ab.
Aus der Natur sind bereits einige Beispiele von wasserabweisenden Oberflächen bekannt, etwa bei der Lotosblüte. Allerdings wusste man bisher von keinem natürlichen System, das ein derart breites Spektrum an Flüssigkeiten abweisen kann. Zwar ist es möglich, solche Oberflächen künstlich herzustellen, damit ist jedoch ein erheblicher finanzieller und technischer Aufwand verbunden. Mit einem bakteriellen Biofilm kann eine flüssigkeitsabweisende Oberfläche dagegen auf einfachste Art verwirklicht werden. Eingesetzt werden könnten solche künstlichen Biofilme zum Beispiel in der Landwirtschaft, wo sie Pflanzenwurzeln vor Schädlingen schützen könnten.
Umgekehrt klärt die Entdeckung jedoch auch die Frage, warum viele Bakterien gegen eine ganze Reihe von Bioziden und Antibiotika immun sind: Die meisten antimikrobiellen Wirkstoffe greifen in irgendeiner Weise in den Stoffwechsel der Bakterienzellen ein und verhindern so entweder, dass sie sich weitervermehren kann oder töten sie ab. Wenn die Substanzen jedoch schon an der Oberfläche des Films gestoppt werden, können sie gar nicht anfangen, zu arbeiten, sagen die Forscher.
Entwickelt hat sich die Anti-Haft-Wirkung des Biofilms bei Bacillus subtilis vermutlich als Schutz vor dessen natürlichen Lebensbedingungen, glauben sie. Normalerweise kommen die Bakterien in den oberen Schichten des Bodens vor. Wegen der wechselnden Bedingungen dort sind sie aber ständigen Stress- und Hungersituationen sowie dem Einfluss von im Wasser gelösten Schwermetallen und anderen Schadstoffen ausgesetzt. Die Forscher wollen jetzt genauer ergründen, was den Biofilm so effektiv macht und ob auch die Biofilme anderer Bakterien die gleichen Eigenschaften besitzen.