Die Forscher um Shani Gelstein testeten nun erstmals, ob körperliche Reaktionen ausgelöst werden, wenn jemand emotionale Tränen über den Geruchssinn wahrnimmt. Dazu sammelten sie die Tränenflüssigkeit von zwei Frauen, die einen traurigen Film gesehen hatten. Anschließend befestigten sie unter der Nase von 24 männlichen Probanden nacheinander zwei Wattepads, die entweder die Tränenflüssigkeit oder eine Salzlösung enthielten. Dabei wussten weder die Teilnehmer noch die Forscher selbst, an welcher Flüssigkeit die Männer gerade schnupperten.
Obwohl die Probanden sowohl Tränen und als auch Salzlösung als geruchlos wahrnahmen, unterschieden sich ihre Reaktionen auf beide Flüssigkeiten deutlich. So fanden die Männer Fotos von Frauen sexuell weniger attraktiv, wenn sie gerade den Geruch der Tränenflüssigkeit einatmeten. Zudem ließ sich bei ihnen ein niedrigerer Testosteronspiegel und eine geringere körperliche Erregung feststellen, als wenn sie an der Salzlösung rochen.
In einem weiteren Versuchsteil betrachteten 16 weitere Probanden zunächst sexuell erregende Bilder und sahen anschließend einen traurigen Film. Dabei wurde ihre Gehirnaktivität im Magnetresonanztomographen (MRT) aufgezeichnet. Männer, die zuvor an weiblichen Tränen geschnuppert hatten, zeigten während des traurigen Films weniger Aktivität in den typischen Gehirnregionen für sexuelle Erregung als Männer, die den Duft der Salzlösung eingeatmet hatten.
„Die Ergebnisse zeigen überzeugend, dass menschliche Tränen ein chemisches Signal übermitteln können“, schreiben die Forscher. Ob dies auch für emotionale Tränen von Männern und Kindern gelte und ob die Tränen noch andere Reaktionen auslösen könnten als ein vermindertes sexuelles Interesse, sei bislang allerdings noch unklar. Dies solle nun jedoch in weiteren Studien untersucht werden.