Verhaltensanalysen der Barsche offenbarten nun deutliche Effekte: “Fische, die Oxazepam ausgesetzt waren, verließen ihre Deckung und wagten sich in potenziell gefährliche Bereiche”, erklärt Brodin. Im Gegensatz dazu blieben die Vergleichstiere in ihrer sicheren Zuflucht. Die behandelten Fische zeigten sich viel weniger gestresst und ängstlich. Auch ihr Fressverhalten war den Ergebnissen zufolge verändert: Sie mampften Futter deutlich schneller in sich hinein als ihre drogenfreien Artgenossen. Da die Fische einen wichtigen Teil der Nahrungskette in Gewässern bilden, könnte sich ein derart verändertes Fressverhalten negativ auf das ökologische Gleichgewicht auswirken, geben die Forscher in diesem Zusammenhang zu bedenken.
Waghalsig, gefräßig und unsozial
Sogar von Auswirkungen auf das Sozialverhalten der Barsche durch Oxazepam berichten die Forscher: Die unter Psychopharmaka stehenden Fische distanzierten sich von ihren Artgenossen und setzen sich damit einem größeren Risiko aus, von Feinden gefressen zu werden. “Barsche, die Oxazepam ausgesetzt waren, verloren das Interesse an der Gruppe, einige entfernten sich von ihren Artgenossen sogar so weit wie möglich, sagt Brodin.
Physiologische Untersuchungen der Fische zeigten, dass sie in ihren Körpern ähnliche Konzentrationen des Wirkstoffs angesammelt hatten, wie bereits bei vielen wild lebenden Fischen gemessen wurden. Daher halten es die Forscher für wahrscheinlich, dass die Fische in schwedischen Gewässern ähnliche Verhaltensveränderungen aufweisen wie ihre Versuchstiere. Über entsprechende Auswirkungen auf die Ökosysteme lässt sich aber bisher nur spekulieren.
Im Rahmen der Studie wurde nur der Effekt von einem einzelnen Medikament untersucht, betonen die Forscher. In Gewässern sammelt sich allerdings ein regelrechter Cocktail unterschiedlicher Medikamenten-Rückstände an. Vermutlich haben einige dieser Substanzen ebenfalls Effekte auf die Tierwelt im Wasser. Weitere Untersuchungen sollten dieser bedenklichen Annahme nun gezielt nachgehen. “Die Lösung ist natürlich nicht, den Menschen ihre Medikamente wegzunehmen, sondern die Entwicklung von Kläranlagen, die ökologisch gefährlichen Medikamentenrückstände beseitigen können”, sagt Co-Autor Jerker Fick von der Umeå Universität