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Netzwerken bringt's

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Netzwerken bringt's
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Weiblicher und männlicher Charakter im Online-Spiel Pardus (Bild: Bayer & Szell OG, Grigory Kapustkin)
E-Mail, Chat, soziale Netzwerke – immer häufiger kommunizieren wir im Alltag über verschiedene digitale Medien. Über sie wickeln wir Geschäfte ab, pflegen unsere Freundschaften und tauschen Informationen aus. Ob Frauen sich in solchen Netzwerken anders verhalten als Männer, haben Wiener Forscher jetzt an einem ungewöhnlichen Beispiel untersucht: an einem Multiplayer Online-Spiel. Das Ergebnis: Frauen und Männer ticken dabei nicht nur anders, das weibliche Geschlecht ist auch deutlich erfolgreicher – zumindest was das Zusammenspiel und den erwirtschafteten Ertrag angeht.

Jeder Mensch ist in seinem gesellschaftlichen Umfeld über zahlreiche verschiedene Beziehungen mit seinen Mitmenschen verknüpft: Einige sind Geschäftspartner oder Kunden, andere Kollegen, Freunde oder Familienmitglieder. „Jeder ist damit automatisch Teil mehrerer untereinander verknüpfter sozialer Netzwerke mit jeweils unterschiedlicher Funktion“, erklären Michael Szell und Stefan Thuner von der Medizinischen Universität Wien. Die genaue Struktur und das Verhalten von Menschen in solchen sogenannten Multiplex-Netzwerken genauer zu untersuchen, war bisher kaum möglich – sie sind zu komplex und zu schwer zu erfassen. Aber es gibt eine Abhilfe: das Internet.

„Online-Medien haben die Möglichkeiten revolutioniert, das menschliche Verhalten auf der Ebene von Gruppen und ganzen Gesellschaften zu erforschen“, konstatieren Szell und Thurner. Vor allem interaktive Online-Spiele seien ein wertvolles Werkzeug, um vielschichtige Multiplex-Netzwerke zu studieren. Denn diese Multiplayer-Games werden von Tausenden, manchmal sogar Millionen Menschen gleichzeitig gespielt und ähnlich wie im realen Leben knüpfen die Spieler auch in der virtuellen Welt verschiedenste Beziehungen: Sie schließen Freundschaften, machen Geschäfte oder müssen sich gegen Konkurrenz und Rivalen durchsetzen. Spieler verbringen sogar einen sehr großen Teil ihrer Onlinezeit damit, ihre unterschiedlichen sozialen Beziehungen im Spiel zu pflegen und sich – wie in der realen Welt – ihren Platz im Gesamtgefüge ihres Netzwerks zu sichern, wie die Forscher erklären. Damit seien solche Spiele durchaus ein geeignetes Mittel, um typische soziale Verhaltensweisen in Multiplex-Netzwerken zu untersuchen.

Beutejagd im virtuellen Raumschiff

Um herauszufinden, ob es geschlechtsspezifische Unterschiede in solchen Netzen gibt, nutzen die Forscher das Browser-Spiel „Pardus“ als Studienobjekt. In diesem ist jeder Spieler durch einen Online-Charakter, einen Avatar, vertreten. Dieser besitzt ein Raumschiff und fliegt damit in einem virtuellen Universum herum. Dabei muss er Ladungen transportieren, Handeln, Allianzen bilden und kämpfen, um Geld, Güter, Ruhm und Respekt zu erwerben. Ähnlich wie in der wirklichen Welt gibt es Handelsplätze und Tauschbörsen, kommuniziert wird per Direktmitteilung. Für ihre Studie erfassten die Forscher die Mitteilungen und Handlungen von insgesamt gut 30.000 männlichen und 3.500 weiblichen Avataren über mehrere Jahre hinweg und rekonstruierten daraus deren Netzwerkstruktur und Verhalten.

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Die Auswertung ergab: Frauen und Männer verfolgen ganz unterschiedliche Strategien des Netzwerkens. Weibliche Spieler hatten rund 15 Prozent mehr Kommunikation und Handelspartner als männliche und investierten auch mehr Zeit und Geld darin, neue Beziehungen zu knüpfen. Zudem waren ihre Beziehungen stärker in Clustern organisiert, sie bildeten eher Grüppchen unter Gleichgesinnten. Männer dagegen kommunizierten weniger, aber dafür dann gezielt mit einflussreichen, weil gut vernetzten Partnern.

Kooperation der Frauen zahlt sich aus

Und auch im Spielerfolg drückte sich das unterschiedliche Verhalten aus: Zwar sammelten die Avatare beider Geschlechter etwa gleich viele Erfahrungspunkte und Belohnungen für absolvierte Aufgaben und töteten ähnlich viele Gegner. Die Frauen aber akkumulierten im Laufe des Spiels deutlich mehr Reichtümer und Besitz, wie die Forscher feststellten. Vor die Wahl zwischen Kampf oder Kooperation gestellt, entschieden sie sich häufiger dafür, zu kooperieren. Männer spielten demgegenüber riskanter und aggressiver und starben folglich auch deutlich häufiger.

Die Forscher ziehen aus diesen Ergebnissen den Schluss, dass sich viele Aspekte des menschlichen Verhaltens tatsächlich gut an solchen Online-Spielen erforschen lassen. Denn für viele Verhaltensweisen sei die Art des Mediums und die Frage, ob es physischen Kontakt gibt, kaum relevant. Beobachtungen in Online-Spielen und Netzwerken liefern daher wertvolle Erkenntnisse für die reale Welt – und auch für das Verhältnis der Geschlechter, so das Fazit von Szell und Thurner.

Michael Szell & Stefan Thurner (Medizinische Universität Wien): Scientific Reports, doi: 10.1038/srep01214 © wissenschaft.de – ===Nadja Podbregar
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